lokalkoloratur

Eine begnadete, meisterhafte Selbstdarstellerin sei sie, die ihr Image gezielt geformt und nie dem Zufall überlassen hat. Und: Sie verstehe es meisterhaft, sich ins rechte Licht zu setzen. Dieses Fazit der Biographin von Inge Meysel, Sabine Stamer, verwundert etwas angesichts des eher Unrühmlichen, das in jüngster Vergangenheit über die große Dame des deutschen Schauspiels zu lesen war. Erinnert sei an wiederholte wilde Diskurse über die Höhe des Deichs vor ihrem Bullenhausener Fenster oder an ungehemmt agierende Wunderheiler, die sie beherbergt haben soll. Dass sie über bunt blühende Phantasie verfügt, fällt schon beim Schmökern in ihrem Anfang der Neunziger höchstselbst verfassten Lebensroman auf: Abzüglich gütigst vergönnter Gedächtnislücken, bleibt immer noch reichlich Ausfabuliertes oder gezielt Verschwiegenes. Da hat Biographin Stamer doch noch mal bei Bekannten und Freunden der nationalen Mutter Meysel nachgefragt. Herausgekommen ist: „Inge Meysel. Ihr Leben“ (Europa-Verlag, 19,90 Euro). Ein Titel, der nichts vorwegnimmt und nichts verspricht. Außer dass im Buch abgehandelt wird, warum Meysel noch mit 93 Jahren gerne garstig ist. CHK