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Archiv-Artikel

Formieren für Berlin

SPD tagt gestern und heute zur Agenda 21. Kritik wird wieder laut geäußert

Von sgi

taz ■ „Blumige Luftbuchungen“ nennt SPD-Mann Mario Domann-Käse die Formulierungen im so genannten Perspektivantrag („Iwan“) für den SPD-Sonderparteitag am Wochenende, mit dessen Forderungen nach Erbschafts- und Kapitalertragsteuern die Bitternis der Agenda 2010 versüßt werden soll. Bürgerschaftler Domann-Käse ist nicht fürs Versüßen, und viele Genossen in Bremen sind es ebenfalls nicht. Inzwischen trauen sie sich auch wieder, es laut zu sagen. Das war nach den Wahlen das zweite Thema des Parteitags des SPD-Unterbezirks Bremen-Stadt am gestrigen Abend. Und es ist zweites Thema des Landesparteitags am heutigen Abend.

„Die Zielrichtung ist nicht, das Konzept als Ganzes aus den Latschen zu kippen“, sagt Domann-Käse, der vor Wochen als Unterschriftensammler für das umstrittene Mitgliederbegehren gegen die Agenda unangenehm aufgefallen war – unangenehm, weil das der in den Wahlkampf startenden Parteispitze nicht in den Kram passte. Die Zielrichtung aber ist, Verbesserungen zu schaffen. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe finden Domann-Käse und seine Mitstreiter zwar sinnvoll, aber nicht auf dem Niveau der Sozialhilfe. Die Kürzung des Arbeitslosengeldes, das bisher von vielen Unternehmen als Brücke in den Ruhestand für ihre älteren Arbeitnehmer umfunktioniert wurde, gehe einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer und sei ergo abzulehnen. Dasselbe gelte fürs Krankengeld, für dessen Finanzierung künftig nicht mehr Arbeitgeber- und -nehmer gleichermaßen aufkommen sollen, sondern nur noch die Arbeitnehmer.

All das, außerdem die Forderung nach einer Ausbildungsplatzabgabe, ist formuliert in einem Antrag, den Domann-Käse bei den Weser-Roten durchaus für mehrheitsfähig hält. Unterbezirkschef Wolfgang Grotheer sieht das ähnlich – Einfluss auf den Parteitag am Wochenende habe das aber nur insofern, als dass sich die Partei über ihre in Berlin zu vertretende Haltung vergewissere. Die Antragsfrist dort ist lange abgelaufen.

Fünf Delegierte schicken die Bremer nach Berlin. Einer von ihnen möchte Hartmut Krenzer sein, Stadt-Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen. Für ihn ist der Schröder-Plan allenfalls eine „Agenda 2004“, zeige sie doch lediglich, wie jetzt gespart werden könne. „Ich finde, die Reihenfolge stimmt nicht“, so Krenzer, „erst muss man eine Perspektive aufzeigen, dann kann man darauf mit einer Agenda reagieren.“

sgi