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Archiv-Artikel

Der Clown als Held – oder umgekehrt

100 Jahr und kein bisschen weise: Bob Hope, Amerikas emsigster Truppenbetreuer, feiert morgen Geburtstag

So ein Kinn schreit geradezu nach einer Komikerkarriere. Jedenfalls in Zeiten, in denen Amerika sich verdammt noch mal gerne amüsieren möchte, auch wenn es drum herum schlecht aussieht: In den 40ern kam der gebürtige Londoner Bob Hope mit dem Comic-Gesicht den kriegsmüden USA gerade recht. Man schaute gerne Schmachtfetzen, träumte sich – cheek to cheek – mit Bing Crosby weit weg, dazu passte der seichte Spaßvogel wie die Faust aufs Auge.

Genauso gestalteten sich auch die klamaukigen Witze, die der morgen 100-jährige Bob Hope herausschnarrte. „Ich bin mit vier aus England ausgewandert, als ich herausfand, dass ich nicht König werden kann“ – bruuuhaha. Aber zumindest das Datum ist richtig: Hope, der eigentlich Leslie heißt und der fünftälteste von beeindruckenden sieben Brüdern ist, wuchs ab 1907 in Cleveland, Ohio, auf. Er jobbte sich durch seine Jugend, nahm Tanzstunden bei einem Vaudeville-Künstler, boxte erfolglos unter dem Namen „Packy East“. Mit 18 begann er, zusammen mit seiner Freundin auf kleinen Bühnen zu tanzen, danach kalauerte er sich mit verschiedenen Partnern durch das, was seit Jahrzehnten in den USA als Stand-up-Comedy bekannt war. Bei dem erfolgreichen Broadway-Musical „Roberta“ traf er in den 30ern seine spätere Frau Dolores, vier propere Kinder und eine bis heute andauernde Radio-, Film- und Fernsehkarriere folgten – das Leben eines amerikanischen Dreamboys ganz ohne Dreamboy-Körper und -Gesicht.

Immer wieder wurde der Mann mit dem Rasierer-Kinn als funny sidekick eingesetzt, als Spaßtrottel, der am Ende zwar nicht the babe bekommt (dafür sieht er zu komisch aus), aber die Sympathien einsammelt. Am liebsten mochten die AmerikanerInnen den leidenschaftlichen Golfer („Golf ist mein Beruf. Ich erzähle Witze, um die Rasenrechnungen bezahlen zu können“) zusammen mit Bing Crosby und Dorothy Lamour als charmant-clowneskes Trio aus Gut, Schön und Spaßig in „We’re off on the road to Morocco“.

Ansonsten scheint sich Bob Hope vor allem als Truppentrottel in die Herzen gewitzelt zu haben: Es gibt kaum einen Krieg, eine Invasion oder einen Konflikt, bei dem Hope nicht schnurstracks an die Front marschierte, um den lustigen Patrioten zur Unterstützung seines Vaterlandes zu mimen. „Ich bin kein Rechter, ich bin Volkes Stimme, bin die Mitte Amerikas“, antwortete er auf die Kritiken, und „Amerikas Nummer-1-Soldat in Make-Up“ nannten ihn die Medien früher ironiefrei. Bis in die 90er hinein reiste Hope an Kriegsschauplätze, machte bei der „Operation Desert Storm“ tüchtig Stimmung und ließ sich seinen Nationalstolz fünfmal vom US-Kongress honorieren. Die US-Airforce nannte eines ihrer C-17-Transportflugzeuge „The spirit of Bob Hope“. Und weil Hope wegen des vielen amüsanten Mutmachens selber nie zum Kämpfen kam, kann er sich seit Oktober 1997 auch noch den Titel „Honory Veteran“ an die stolze Brust heften.

Die Filmindustrie hat sein Wirken weniger honoriert: Zwar gab es einige Ehren-Oscars für Hope, aber keinen als Haupt- oder Nebendarsteller. Morgen wird Hope rüstige 100 Jahre alt. Vor 10 Jahren produzierte seine Tochter vorausschauend eine Dokumentation mit dem Titel „Bob Hope – The first 90 years“. Es kann also weiterhin heiter werden. JENNI ZYLKA