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Archiv-Artikel

Hohenzollern-Prinz darf hoffen

Muss ein Urenkel des Kaisers standesgemäß heiraten, um erben zu dürfen? Nein, sagt das Verfassungsgericht, denn es gebe zu wenig deutsche Adelsdamen zur Auswahl

KARLSRUHE ap ■ Der Urenkel von Kaiser Wilhelm II., Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen, darf vielleicht doch erben. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat gestern eine Klausel beanstandet, nach der Friedrich Wilhelm nur dann erben kann, wenn er eine ebenbürtige adlige Frau protestantischen Glaubens heiratet – was er bislang nicht getan hat.

Damit widersprachen die Karlsruher Richter einem früheren Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser hatte die so genannte Ebenbürtigkeitsklausel 1998 für gültig erklärt. Sie verstoße nicht gegen die guten Sitten. Die Verfassungsrichter hingegen befanden einstimmig, dass eine solche Vorgabe die Freiheit des Urenkels beschneide, zu ehelichen, wen immer er möchte. Sie verwiesen den Fall zurück an das Landgericht Hechingen in Baden-Württemberg.

Der Erbstreit hat seine Wurzeln im Jahr 1938. Damals schloss der Sohn Kaiser Wilhelms II., Kronprinz Wilhelm von Preußen, mit einem seiner Söhne einen Vertrag, der ihn zum Erben ernannte. Nach dieser Vereinbarung sollte jeweils der erstgeborene Sohn das Hausvermögen des früheren preußischen Königshauses erben. Das gelte aber nur, wenn der Erbe in einer „hausverfassungsgemäßen Ehe“ lebt. Das bedeutet: Die Dame muss vom gleichen Stand und Protestantin sein.

Als nun Friedrich Wilhelm als erstgeborener Sohn den Erbschein beantragte, gab ihm das Landgericht Hechingen zunächst Recht. Die Heiratsvorschrift verstoße nach heutiger Ansicht gegen die guten Sitten und sei daher unwirksam, urteilten die Richter.

Dann aber klagte ein weiterer Abkömmling, er selbst sei der rechtmäßige Alleinerbe. Seither wandert der Rechtsstreit durch die Instanzen.

Die Karlsruher Richter kritisierten nun vor allem eins: Heutzutage sei es kaum realistisch, dass der Prinz „angesichts der außerordentlich geringen Anzahl ebenbürtiger Damen protestantischen Glaubens“ überhaupt eine solche Ehe eingehen könnte. Mit dieser Klausel werde ein unzumutbarer Druck auf den Erben ausgeübt. Außerdem wiege das Recht des Einzelnen, den Ehepartner frei zu wählen, höher als die überholte Klausel der Ebenbürtigkeit.

Der Prinz war bislang nicht gewillt, nur um des Erbes willen auf eine Wahlpartnerin zu verzichten. Zwei Ehen hat er bereits hinter sich, nun ist er frisch vermählt – mit einer Bürgerlichen.