: „Kampf für den Opel Corsa“
Trotz der starken Proteste gegen die Regierungspolitik hätte eine neue Linkspartei keine Chance, sagt Parteienforscher Christian Fenner. Für viele Unzufriedene steht Besitzstandswahrung im Vordergrund
taz: Großdemonstrationen gegen die Regierungspolitik, heißt das auch: bestes Klima für das Gedeihen einer neuen Linkspartei?
Christian Fenner: Das könnte man meinen, das ist aber nicht so. Der Versuch, eine neue Partei aus dem Boden zu stampfen, hat sich bisher immer als ein Fehlschlag erwiesen. Die Wähler sehen ein: Das nützt nichts.
Linke Politik hat ein Glaubwürdigkeitsproblem?
Natürlich. Alle, die sich jetzt um eine Linkspartei bemühen, stellen eine Frage nicht. Warum hat die CDU/CSU 10 Prozentpunkte gewonnen und nicht eine linke Partei? Das ist ein Problem, dem sich auch die SPD nicht stellt. Warum wählen die Leute die eigentlich noch schlimmere Perspektive CDU?
Ihre Antwort?
Es ist immer ein Problem der Linken gewesen, Alternativen zu zeigen. Eine klare Analyse der derzeitigen Situation und was dann passieren muss kommt nicht. Und dem Protestwähler stehen rechte Parteien näher.
Auch bei der unzufriedenen SPD- Basis?
Ja. Diese so genannten kleinen Leute, welche SPD wählen, konnten doch immer wieder nur über die Sozialpolitik der Partei reingeholt werden. Der Kampf für Freiheitsrechte wurde mitgetragen, aber nur so lange ihre materielle Sicherheit gewahrt blieb. Ist das nicht mehr der Fall, bleiben sie entweder aus Loyalität bei der SPD oder wählen rechts. Die zwei Linksparteiinitiativen müssten übrigens auch noch die schwere Entscheidung treffen, welche Wähler sie wollen.
Die unzufriedenen Linken.
Genau. Da gibt es die eher Attac-nahen Wahlalternative und Initiatoren aus der bayrischen Gewerkschaftsmilieu. Der große Unterschied zwischen Gewerkschaften und Attac ist doch, dass der deutsche Arbeiter für seinen Opel Corsa kämpft, Attac hingegen zu großen Teilen advokatorisch ist. Attac kämpft also für andere. Die Arbeiter wollen ihren Besitzstand wahren.
Also ist eine Linkspartei chancenlos?
Es sieht ganz so aus. Sie kann Druck ausüben und hoffen, dass sich dadurch etwas an der Politik der SPD ändert. Mehr aber nicht. INTERVIEW: DANIEL SCHULZ