: Das Konterfei des Präsidenten
betr.: „Wie in den Fels gemeißelt“ (George W. Bushs Selbstdarstellung), taz vom 26. 5. 03
An dem Artikel von Herrn Rapp gibt es ja eigentlich gar nix zu mäkeln; in der Tat eine ganz treffliche Analyse zur Sprache der alltäglichen Mythen und über die erschreckend konsequente, erfolgreiche und monopolisierte Anwendung dieser Sprache durch die Bush-Administration. Das lässt für die Demokratische Partei in der nächsten Zeit wenig hoffen, insbesondere wenn sogar Ihr Autor offensichtlich dem Zauber dieser „exzessiv gerechtfertigten Aussage“ (so Barthes über den Mythos) erlegen ist.
Die Schilderung der Inszenierung von Bushs Rede am Mt. Rushmore, wo „sein Profil sich harmonisch als fünftes Präsidentenhaupt neben die in Fels gemeißelten Köpfe von Washington, Jefferson, Lincoln und Rockefeller einfügte“, scheint mir mehr als ein zufälliger Lapsus. Denn hier liegt ja offensichtlich eine Rückprojektion der gegenwärtigen US-amerikanischen Verhältnisse vor (die beispiellose, bananenrepublikanisch offene und innige Verquickung von ökonomischen und politischen Interessen), in der der 26. Präsident der USA, Teddy Roosevelt, bereits durch den Standard-Oil-Magnaten Rockefeller ersetzt wurde. Dem konzernaffinen 43. Präsidenten würde dieser Bildersturm natürlich sicher gefallen (dass Roosevelt zwar ebenfalls Republikaner war und aus dem Geldadel stammte, sich aber ansonsten explizit als „Trustbuster“, Rockefellerfeind und Anwalt der „kleinen Leute“ gerierte, ist nur noch eine zusätzliche Pikanterie).
Natürlich bringt die Hoheit über den Diskurs und die aus dem Mythos legitimierte charismatische Machtfülle irgendwann auch die Fähigkeit mit sich, die Vergangenheit, die kollektive Erinnerung und die Geschichte nach Belieben zu manipulieren und umzuschreiben. Ol’ dubya mag da noch einiges vorhaben. Aber bislang – seien Sie versichert – blickt als vierter Mann immer noch Roosevelt vom Mt. Rushmore. Aber mag natürlich auch sein, dass man Teddy nächstes Jahr, wenn das Ensemble um Juniors einprägsames Konterfei erweitert wird, wirklich ersetzt. Sollte der Autor diesbezüglich Informationen haben, so wäre ich für Mitteilung dankbar. PETER T. LENHART, München