Viel Grün und Rosa im Bezirksplenum

Rekonstruktion des Luisenstädtischen Kanals in Kreuzberg ist vom Tisch. Bürger triumphieren und wollen mehr Grün

Der Sitzungssaal der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg ist eigentlich kein Ort für glamouröse Auftritte. Braune Holzvertäfelung, eine große milchige Glasfront und dicht an dicht gestellte Tische der Abgeordneten zeugen eher von der bürokratischen Dimension deren Wirkens: Bebauungspläne, Personalentwicklung, Drucksachen.

Als eine dieser Drucksachen, die Entscheidung über die Zukunft des „Grünzugs Ehemaliger Luisenstädtischer Kanal“, am Mittwochabend debattiert wird, kommt aber doch ein wenig vorweihnachtlicher Glanz in den öden Plenarsaal: Drei AktivistInnen des Gemeinschaftsgartens Rosa Rose gleiten in rosa Tüll und mit weißen Flügeln durch die Reihen; als Engel verkleidet nutzen sie die letzte BVV-Sitzung vor der Weihnachtspause, um rosa Plastikblumen und Flugblätter an die Bezirksverordneten zu verteilen. Sie weisen auf die Zerstörung eines Großteils des Gemeinschaftsgartens in der Kinzigstraße in Friedrichshain durch den Bau eines Hauses hin. Das Plenum reagiert teils amüsiert, teils empört – die Sitzung muss unterbrochen werden.

Nach der Pause debattieren die Fraktionen dann weiter über den ehemaligen Luisenstädtischen Kanal zwischen Waldemarbrücke und Oranienplatz. Der steht seit 2006 unter Denkmalschutz. Die Abgeordneten legen dessen aufwendige Sanierung an diesem Abend endgültig zu den Akten. 600.000 Euro aus dem Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz waren vorgesehen, um das Areal laut Beschlussvorlage „aufzuwerten bzw. die erkennbaren Defizite zu beheben“. Doch als dafür im März 2008 zwei Pappelgruppen gefällt werden sollten, verhinderten protestierende AnwohnerInnen die Rodung, sorgten für ein Aussetzen des Verfahrens und kämpften fortan als Bürgerinitiative (BI) Bäume für Kreuzberg gegen die Umgestaltung des Grünzugs. Vielen Bürgern gefiel nicht, dass die Anlage im Namen des Denkmalschutzes nach preußischem Vorbild der 1920er-Jahren saniert werden sollte. Auf der Suche nach einer Einigung initiierte der Bezirk mehrere Treffen zwischen Bürgern und Verwaltung.

Am Ende stand „Variante D“, der die BVV am Mittwoch ihre Zustimmung gab. Danach bleibt erst mal alles, wie es ist. „Ein Stück Kreuzberger Identität“ werde damit erhalten, so Ute Kätzel, Fraktionsmitglied der Grünen. Man habe außerdem beschlossen, dass es in Zukunft mehr Geld für Unterhalt und Instandsetzung des Grünzugs geben soll. Eine entsprechende Würdigung des Bürgerwillens wünschen sich auch die Freunde der Rosa Rose. Vielleicht sollten die Abgeordneten öfters in dem Gemeinschaftsgarten vorbeischauen. Schöner als in ihrem Sitzungssaal ist es da allemal.

Sebastian Puschner