: Weniger Kinder wagen
Babykarren sind im Jenischhaus und im Altonaer Museum laut Hausordnung verboten. Angst um Bilderrahmen und zu schonende historische Parkett-Böden. Andere Museen wissen von solchen Regeln nichts. Ein Kinderwagen-Report
von KAIJA KUTTER
Arne Heitmann ist sehr erbost. Als er kürzlich an einem der ersten Frühlingstage mit Frau und schlafendem Sohn im Kinderwagen im Jenischpark spazieren ging und im Café des Jenischhauses einkehren wollte, sei ihm der Zutritt von einem Museumsangestellten verwehrt worden, berichtet er. Heitmann: „Seine Aussage war, Kinderwagen kommen hier nicht rein.“ Dies sei eine Anweisung von oben.
Heitmann stellte daraufhin den Leiter des Cafés zur Rede, der ihm erklärte, dass Kinderwagen in allen Hamburger Museen verboten seien. Hunde waren jedoch, wie an einem Wassernapf zu erkennen, erlaubt, berichtet Heitmann. Er fände es sehr traurig, dass es in dieser Stadt offenbar „viele kinderfeindlich eingestellte Menschen und wohl auch Unternehmer gibt“. Immerhin, so sein Trost, habe er im nahe gelegenen Barlachhaus auch mit Kinderwagen einen Kaffee bekommen.
Den Betreibern des Cafés vom Hotel Louis C. Jacob ist die Sache sichtlich unangenehm. „Wir sind nicht kinderfeindlich. Das entspricht überhaupt nicht der Philosophie unseres Hauses“, erklärt Geschäftsführer Jost Deitmar. Es sei aber leider so, dass Kinderwagen ins Jenischhaus nicht reindürfen, weil der Boden des zwischen 1828 und 1830 entstandenen klassizistischen Baus empfindlich ist. Der Mitarbeiter vor Ort erinnere sich gut an den Vorfall mit dem Vater, der sehr aufgebracht gewesen sei. Er habe ihm jedoch angeboten, den Kinderwagen hinein zu tragen, was der Vater abgelehnt habe.
Ähnlich äußert sich dazu das Altonaer Museum, zu dem die denkmalgeschützte Villa gehört. Zwar ist es Pflicht für Besucher, auf dem Parkett Filzpantoffeln zu tragen, wie es beispielsweise auch im Ahrensburger Schloss üblich ist. Jedoch ist der Eingangsbereich, über den das kleine Café zu erreichen ist, mit Marmorboden ausgelegt. „Kinderwagen dürfen über den Marmorboden. Da drückt das Jenischhaus gelegentlich ein Auge zu“, berichtet Museumssprecher Klaus Gier. Streng genommen sei die Denkmalschutzaufsicht des Hauses aber auch dagegen.
Das Hotel Louis C. Jacob habe somit, wenn es auf das generelle Verbot verweist, „so ganz Unrecht nicht“. Im konkreten Fall habe der Wirt wohl darum gebeten, keine Kinderwagen reinzulassen, weil das Café sehr voll war. Klaus Gier: „Im Jenischhaus hat das Hotel Handlungsfreiheit.“
Doch auch im an sich sehr familienfreundlichen Altonaer Museum, welches eine für Kinder sehr attraktive historische Spielzeugausstellung hat, sind Kinderwagen tatsächlich nicht gestattet. „Sie dürfen ins Foyer, aber nicht in die Ausstellungsräume“, erklärt der Sprecher. Der Passus in der Hausordnung stamme noch aus der Zeit, als Kinderwagen sehr groß und breit waren. In den zum Teil sehr engen Passagen, so Klaus Gier, bestehe die Gefahr, dass ein Wagen am Bilderrahmen hängen bleibt. Ein kleiner Kinderwagen neuerer Bauart rutsche am Foyer jedoch schon mal durch. Auch könnten sich Eltern im Museum schmale Buggies ausleihen – die sich allerdings nicht für schlafende Säuglinge eignen.
Weit von sich weisen dagegen andere befragte Museen ein Kinderwagenverbot. „Das ist Quatsch“, sagt Kati Baumgarten von der Kunsthalle. Die Babywagen seien erlaubt, es gebe sogar einen Wickelraum und Gefährte zum Ausleihen. Und auch im Museum für Hamburgische Geschichte, im Museum für Kunst und Gewerbe und im Museum der Arbeit ist man sich keiner solcher angestaubten Hausordnungen bewusst.
„Natürlich kommen die bei uns rein“, erklärt auch Ilka Kottmann vom Museum für Völkerkunde in Rotherbaum, das noch bis 23. Mai die Austellung „Aller Anfang“ zum Thema Geburt zeigt, die beleuchtet, was fremde Kulturen anders machen. Seitdem, so Kottmann, sei das Foyer „voll von Kinderwagen“.