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Archiv-Artikel

Mit rechten Dingen Geld verwalten

Veruntreuung von Mitgliedsbeiträgen: Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Schill-Parteivorsitzende Ronald Schill und Mario Mettbach. Landesverband NRW vermisst mindestens 50.000 Euro und stellte Strafanzeige

von ANDREAS SPEITund SVEN-MICHAEL VEIT

Wegen des Verdachts der Veruntreuung ermittelt Hamburgs Staatsanwaltschaft gegen Ronald Schill und Mario Mettbach. Als Bundes-Vorsitzende der Schill-Partei sollen die beiden Hamburger Senatoren, so die Anschuldigung, Mitgliedsbeiträge aus Nordrhein-Westfalen nicht ordnungsgemäß abgerechnet und für Zwecke der Bundespartei oder des Hamburger Landesverbandes verwendet haben. „Wir ermitteln mit Nachdruck“, versicherte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Rüdiger Bagger, der taz auf Anfrage. Das darf bezweifelt werden.

Mindestens 50.000 Euro an Beiträgen von NRW-Mitgliedern aus dem Jahr 2002 sollen widerrechtlich verwendet worden sein. Eine entsprechende Strafanzeige von Frederick Schulze, Vorsitzender des Bezirksverbandes Düsseldorf, liegt der taz hamburg vor. Erstattet wurde sie am 6. März, zwei Wochen nach dem Schill-Bundesparteitag in Bremen, auf dem die Führung der Bundespartei neu gewählt wurde (siehe Kasten).

Dort sei, klagt Schulze, kein Rechenschaftsbericht abgelegt worden, alle Fragen nach dem Verbleib des Geldes blieben unbeantwortet. So habe der Tagungspräsident und Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Rolf G. Rutter eine Tischvorlage des Ortsverbandes Münster, in der Auskunft über das Beitragsvermögen gefordert wurde, nicht zur Beratung zugelassen. „Verwerflich“ fand das der 50-jährige Oberstleutnant und ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Schulze und erstattete im Auftrag des Düsseldorfer Vorstands Strafanzeige gegen Schill und dessen Nachfolger Mettbach. Sein „letzter Dienst“, so Schulze, der danach „aus Enttäuschung“ austrat: „Ich habe kein Vertrauen mehr in die Rechtsstaatlichkeit dieser Partei.“

Der frühere kommissarische Schill-Bundesvorstand, bis Bremen identisch mit dem Hamburger Vorstand, hatte Mitgliedsbeiträge aus noch in Gründung befindlichen Ladesverbänden laut Beitragsordnung der Partei „kommissarisch und treuhänderisch“ eingezogen und verwaltet. Nach dem festgelegten Verteilungsschlüssel müssen die Beiträge zu 40 Prozent an den gegründeten Landesverband erstattet werden, je 20 Prozent stehen dem betreffenden Orts- und dem Kreisverband sowie dem Bundesverband zu. NRW aber, mit rund 1100 der bundesweit etwa 7600 Parteimitglieder der stärkste Landesverband, habe nie Geld erhalten, so Schulze.

Nach seiner „überschlägigen“ Berechnung bei einem monatlichen Mindestbeitrag von 5,12 Euro hätte sich in NRW „ein Jahresaufkommen von 67.584,00 Euro“ ergeben. Davon stünden den Gliederungen im Westen mindestens 50.000 Euro zu. In einer Abrechnung vom Oktober 2002 sei dem Landesverband hingegen ein „Schuldenstand von 99 Euro attestiert“ worden. „Wo“, fragt Schulze nun, „ist unser Geld geblieben?“

Ein „Querulant“ sei der Schulze, befindet Norbert Frühauf, Schill-Fraktionschef in der Hamburger Bürgerschaft und bis zum Bremer Parteitag Bundesschatzmeister. „Der hat das nie kapiert.“ Seines Wissens, so Frühauf auf Anfrage der taz, habe der neue Schatzmeister Michael H. Esther „das längst geregelt“. Das stimme, bestätigt der Brandenburger. Auf einer Konferenz mit den Landesschatzmeistern am 26. April in Magdeburg habe man sich „auf einen Modus geeinigt“. Danach habe NRW „keine Rückstände mehr bei der Bundespartei“, obwohl „wir immer noch Rechnungen von da aus dem Bundestagswahlkampf 2002 begleichen“. Details, so Esther vage, seien aber erst dem Rechenschaftsbericht zu entnehmen, den er „im September“ vorlegen wolle.

Eher vage scheinen auch die Nachforschungen der Staatsanwaltschaft zu verlaufen. Sie teilte Schulze zwischenzeitlich mit, von der „Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die Senatoren Schill und Mettbach“ absehen zu wollen. Nach Schulzes Widerspruch legte sie die Akte dann offiziell doch nicht zu den Akten. „Nachdruck“, wie Bagger versicherte, legt sie dabei aber kaum an den Tag: Sowohl Frühauf als auch Esther erfuhren erst durch die Nachfrage der taz von der Strafanzeige, zu den Vorwürfen befragt wurden die beiden Kassenwarte bislang nicht.