: Vier Monate Haft für Antikriegsprotest
Ein auf Dänemarks Ministerpräsidenten geworfener Beutel mit roter Farbe führt zu einem ungewöhnlich harten Urteil
STOCKHOLM taz ■ Zu einer Haftstrafe von drei und vier Monaten ohne Bewährung hat das Landgericht Kopenhagen in dieser Woche zwei Antikriegsdemonstranten verurteilt. Lars Grenaa und Rune Eltard-Sørensen von den autonomen „Globalen Wurzeln“ hatten am 18. März einen Beutel mit wasserlöslicher roter Farbe auf Dänemarks Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen und Außenminister Per Stig Møller geworfen, um gegen die aktive militärische Unterstützung der Irakkriegskoalition der USA durch die dänische Regierung zu protestieren. Die hatte sich mit einem U-Boot und einer Korvette an dem Krieg beteiligt.
Das am Dienstag verhängte Strafmaß ist in Dänemark für eine derartige Aktion bislang beispiellos. Vergleichbare Protestaktionen – etwa das Werfen von Eiern oder Ketchupspritzer auf Politiker – waren bisher mit Geldbußen oder Haft von nicht länger als zwei Wochen bestraft worden. Das Gericht begründete das Urteil damit, dass die Aktion im Parlament stattgefunden habe und damit das Unrecht wesentlich höher sei als beispielsweise bei einer Straßenaktion.
Der 23-jährige Grenaa und der 22-jährige Eltard-Sørensen hatten seit ihrer „Malaktion“ am 18. März, die zu einem zentralen Symbol der dänischen Antikriegsbewegung wurde, 70 Tage lang in Untersuchungshaft gesessen. Auch dies ist beispiellos in der dänischen Justiz.
Die beiden hatten die Tat gestanden, so dass die U-Haft nicht mit Verdunklungsgefahr begründet werden konnte. Das Gericht unterstellte ihnen auch keine Fluchtgefahr, sondern verlängerte die Haft jeweils ausschließlich mit dem Verweis auf die angebliche Schwere der Tat und mit Rücksicht auf das „Rechtsempfinden“. Eine Vorgehensweise, die nicht nur internationale Solidaritätsaktionen mit den Inhaftierten auslöste, sondern auch zu einer öffentlichen Erklärung dänischer Intellektueller führte. Unabhängig, was man von der Tat selbst halte, sei es verfehlt „politische Aktionen und Happenings so zu kriminalisieren“, hieß es in der Erklärung. „Niemand kann erwarten straffrei zu bleiben, wenn er Farbe auf einen Minister wirft. Es ist aber völlig unangebracht, wenn ein ungefährlicher Zwischenfall dieser Art eine derart gewaltsame Reaktion auslöst.“ Die Medien spekulierten über politischen Druck auf die Justiz, die eher konservative Boulevardzeitung Ekstra Bladet kommentierte: Eine „klare Überreaktion“ und ein „rechtlicher Übergriff“.
Den ganzen Dienstag über hatten vor dem Gerichtsgebäude mehrere hundert Sympathisanten von Lars Grenaa und Rune Eltard-Sørensen protestiert. Außerdem veranstaltete die Band Savage Rose ein Solidaritätskonzert. Als die beiden Angeklagten nach dem Urteilsspruch wegen der bisher verbüßten Untersuchungshaft auf freien Fuß gesetzt worden waren, wurden sie wie Helden empfangen und gefeiert. Von Journalisten befragt, ob er diese Aktion wiederholen würde, erklärte Eltard-Sørensen: „Unsere Malaktion war legitim. Ich würde es wieder machen, aber habe erfahren müssen, dass es seinen Preis hat.“ Womit er nicht nur die Freiheitsstrafe meinte. Lars Grenaa und Rune Eltard-Sørensen müssen Ministerpräsident Ramussen und Außenminister Per Stig Møller auch die Kosten für neue Anzüge ersetzen: Rasmussens dunkelblaues Teil war mit umgerechnet 600 Euro etwas teurer als der von Møller. Ob das Urteil rechtskräftig wird, ist noch offen. Die Verteidigung will die Chancen für eine Revision prüfen.
REINHARD WOLFF
Solidaritätsseite für die „Malaktion“: www.stop-terrorkrigen.dk/emner/aktioner/030331_malerkampagne.htm