Erst der Sex, dann die Erpressung

Kölner Nottelefon berichtet von steigender Gewalt gegen Schwule. Sie werden mit kostenloser Liebe gelockt. Wer anschließend nicht zahlen will, wird bedroht

KÖLN taz ■ Immer mehr Schwule rufen das Kölner „Schwule Überfalltelefon“ an, weil sie nach Sex von einem vorgeblichen Liebhaber erpresst werden. „Seit einem halben Jahr hat sich eine kriminelle Szene entwickelt“, berichtet Notruf-Mitarbeiter Frank G. Pohl. Das Überfalltelefon warnt die Community jetzt mit Flugblättern und gibt Verhaltenstipps.

So läuft es in der Regel ab: An einschlägigen Kölner Plätzen treffen sich schwule Männer, wenn sie sich gefallen, kommt es zum schnellem, kostenlosen Sex. „Cruising“ wird diese Art der Kontaktpflege genannt. Die Erpresser – „das sind keine Stricher, denn mit denen wird vorher über einen Preis verhandelt“ (Pohl) – verlangen nun nachträglich zwischen 50 und 100 Euro. Sie drohen mit Prügel oder Messern, sollte nicht gezahlt werden.

„Hilfe rufen, weglaufen, Täter merken!“ lauten die Kernregel bei einem Erpressungsversuch. „Lasst Euch nicht einschüchtern!“ macht Pohl den Schwulen Mut. „Cruising gehört zu den schwulen Lebensformen, gegen Erpressungsversuche müssen wir uns wehren.“ Grundsätzlich sollte zwar jeder Fall der Polizei gemeldet werden, doch ob dies auch geschehe, hänge von der Bereitschaft des Einzelnen ab.

Polizeisprecher Jürgen Laggies weiß noch nichts von solchen Fällen. Er empfiehlt aber, auf jeden Fall Anzeige zu erstatten: „Nur wenn wir davon erfahren, können wir auch eingreifen.“ Jürgen Schön

Schwules Überfalltelefon: 0221/19228Ansprechstelle bei der Polizei: 0221/229-6827