: Strieder will nicht kampflos gehen
Die Einheitsunterstützerfront der SPD-Oberen für Peter Strieder bröckelt. Die einen legen ihm den Rücktritt als Senator nah, die anderen wollen ihn als Parteichef abwählen. Doch der Krisengeschüttelte zeigt noch kein Einsehen
Die Verteidigung steht noch, aber sie bröckelt. Unter den Kreischefs der Berliner SPD ist man sich in Sachen Peter Strieder längst nicht mehr so einig wie noch Ende Februar. Damals hatte sich der Landesvorstand einmütig hinter seinen Chef und Stadtentwicklungsenator gestellt, gegen den die Staatsanwaltschaft in der Tempodrom-Affäre ermittelt. Nun aber sagt etwa Steglitz-Zehlendorfs SPD-Chef Michael Arndt, er würde an Strieders Stelle als Senator zurücktreten.
Doch der Kritisierte denkt nicht an Rückzug. Strieder werde beim Parteitag am 20. Juni erneut als Landeschef kandidieren und gehe von einem Sieg aus, hieß es gestern aus der Parteizentrale. Das sieht man in Strieders Heimatbezirk Friedrichshain-Kreuzberg anders, wo Kreischef Mark Rackles am Wochenende einen baldigen Wechsel an der Spitze andeutete. Immer wieder wird als Nachfolger Parteivize Andreas Matthae genannt. Der schließt zwar Ambitionen nicht aus, will aber nicht als Kampfkandidat in den Ring. Das heißt: Falls Strieder antritt, wird es keinen Gegenkandidaten Matthae geben.
Generell ist sich die SPD alles andere als einig. Zwei Kreise – Neukölln und Treptow-Köpenick – stellten sich zwar schon im März in nibelungenhafter Treue hinter Strieder, nominierten ihn erneut als Landeschef. Ähnliches könnte demnächst in Reinickendorf geschehen. Doch auch Treptow-Köpenicks Chef Karlheinz Nolte räumt ein, dass es keine geschlossene Position der Partei gebe. „Klar ist, dass die Debatte zu einer Belastung für die SPD wird, je länger sie läuft.“
Für Nolte hat sich seit der Rückendeckung von Ende Februar inhaltlich nichts verändert. Andere sehen das anders, verweisen etwa auf seinen „Quartalsirren“-Streit mit dem Spandauer Abgeordneten Hans-Georg Lorenz und immer neue Tempodrom-Schlagzeilen. Bis in die „Tagesschau“ schaffte es Strieder, als der Bundestag am Freitag seine Immunität als Mitglied der Bundesversammlung aufhob. Erst seither kann die Staatsanwaltschaft weiter ermitteln.
Für Kreischef Arndt steht nicht Strieders Job als Parteichef, sondern sein Senatorenamt zur Disposition. Arndt spricht Strieder sogar eine positive Bilanz als Landeschef zu. Der Dauerbeschuss auf den Senator aber schade der Partei. „Wenn ich Senator wäre, würde ich so entscheiden wie Frank Dahrendorf, um Druck wegzunehmen“, sagte Arndt. Der trat 1979 als Hamburger Justizsenator zurück, bevor die Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen abschloss. Die Ermittlung wurde wenig später eingestellt, Dahrendorf rehabilitiert. Rund ein Jahr später fand er in die Politik zurück – als kurzzeitiger Innensenator in Berlin.
Über den Weg müsse Strieder aber selbst entscheiden, sagt Arndt. Dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist zwar durchaus zuzutrauen, Strieder aus eigenem Machterhalt rauszuwerfen, obwohl er ohne ihn nicht Regierungschef geworden wäre. Anders als anderen Ministerpräsidenten fehlt Wowereit aber dazu die nötige Kompetenz. Allein das rot-rot dominierte Abgeordnetenhaus könnte Strieder per Misstrauensantrag entmachten. Das aber käme öffentlicher Selbstdemontage der Sozialdemokraten gleich. Arndt: „Daran denkt doch im Ernst keiner.“ STEFAN ALBERTI