: Wenn ein Beamter sich mal einladen lässt im Dienst …
… kann er ganz schnell ein Dienstverfahren am Hals haben, wenn der Vorgang bekannt wird. Auch bei der Presse gibt es strenge Sitten – an die sich manche nicht so streng halten
KÖLN taz ■ Ernst Welteke ist ein politischer Beamter. Als dieser ist er engmaschigen gesetzlichen Regelungen unterworfen. So regelt das Bundesbeamtengesetz akribisch in mehr als 200 Paragrafen minutiös Laufbahn, Pflichten, Arbeitszeit, Wohnung, Amtsverschwiegenheit, Dienstkleidung und Versorgungsbezüge. Und es enthält auch in Paragraf 70 das Stichwort „Annahme von Belohnungen“: „Der Beamte darf, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, keine Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf sein Amt annehmen. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der obersten oder letzten obersten Dienstbehörde. Die Befugnis zur Zustimmung kann auf andere Behörden übertragen werden.“ Gegen diesen Paragrafen, dies wenigstens ist die Ansicht von Britta Müller, Sprecherin des Deutschen Beamtenbundes, hat Ernst Welteke verstoßen.
Ob sie dies ebenfalls so werten wird, darüber hat nun zunächst die Bundesbank zu befinden. Denn als politisch unabhängige Zentralbank der Bundesrepublik kontrolliert sie sich weitgehend selbst.
Unter Umständen könnte auch die Staatsanwaltschaft gegen Welteke ermitteln. Denn er könnte sich auch des Straftatbestands der Vorteilsnahme schuldig gemacht haben. Der bedeutet, dass ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter für eine Diensthandlung einen Vorteil annimmt: Geschenke, Geld, Reisen – alles, was den Empfänger in seiner wirtschaftlichen, rechtlichen oder persönlichen Lage besser stellt. Das Strafmaß beträgt bis zu drei Jahre Gefängnis. Allerdings sind laut Auskunft eines Sprechers der Frankfurter Staatsanwaltschaft bisher keine Ermittlungen eingeleitet. Eine Anzeige läge nicht vor.
Auch als privatwirtschaftlich Beschäftigten kann übrigens bei einer Vorteilsannahme Ungemach drohen. Missbraucht ein Arbeitnehmer Geschäftsbeziehungen zu seinem privaten Vorteil, so kann ihm auch dann fristlos gekündigt werden, wenn das Unternehmen durch das Verhalten des Arbeitnehmers keinen Schaden erlitten hat.
Wäre Ernst Welteke nicht Bundesbankchef, sondern Journalist bei einem der Blätter des Springer-Konzerns, dürfte er sich wohl zumindest eine Abmahnung eingehandelt haben. Denn in den dort geltenden „Leitlinien zur Sicherung der journalistischen Unabhängigkeit“ heißt es unmissverständlich, die Journalisten „tragen dafür Sorge, dass alle Kosten (Reisekosten, Bewirtungen etc.), die im Zusammenhang mit Recherchen entstehen, grundsätzlich durch die Redaktion übernommen werden“.
Ausnahmen seien von der Chefredaktion zu genehmigen. Außerdem nähmen sie „keine Geschenke an, die den Charakter einer persönlichen Vorteilsnahme haben, oder geben diese – falls die Annahme unvermeidbar ist – an den Verlag weiter, der diese karitativen Zwecken zuführt.“
Im Pressekodex des deutschen Presserats, der freiwilligen Selbstkontrolle gedruckter Medien, heißt es demgegenüber nur allgemeiner: „Die Annahme und Gewährung von Vorteilen jeder Art, die geeignet sein könnten, die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion zu beeinträchtigen, sind mit dem Ansehen, der Unabhängigkeit und der Aufgabe der Presse unvereinbar.“
Allerdings ist das nur eine freiwillige Selbstverpflichtung. Zudem lässt diese Formulierung einen weiten Spielraum, den manche Journalisten entsprechend auskosten. Ob es ums neue Handy, eine Waschmaschine oder ein neues Auto geht – zahlreiche Firmen gewähren Presserabatte, ohne eine konkrete Gegenleistung zu erwarten. Und auch bei der Hotelbuchung lässt sich als Journalist einiges sparen. PASCAL BEUCKER