: Kater nach der Euro-Sause
Bundesbankpräsident Ernst Welteke feierte den Start des Euros auf Rechnung der Dresdner Bank. Jetzt steckt der politische Beamte in Schwierigkeiten
AUS BERLIN ANDREAS SPANNBAUER
Ernst Welteke war der Mann der Stunde. Silvester 2001/2002, pünktlich um Mitternacht, drückte der Bundesbankpräsident seinem Finanzminister die allerersten Euroscheine in die Hand. Danach gab es Fotos mit dem neuen Geld und der amtierenden Miss Germany – der Start der Euro-Währung, von der Dresdner Bank vor dem Brandenburger Tor inszeniert, war perfekt. Die anwesenden Politiker und Notenbanker aus aller Welt hatten Grund zum Feiern.
Nun wird Welteke eine späte Rechnung präsentiert. Gleich vier Tage lang residierte der Bundesbank-Chef damals in der „Pariser Platz Suite“ im noblen Berliner Hotel Adlon – auf Kosten der Dresdner Bank, die als Veranstalter der Euro-Party einiges springen ließ. „Die Dresdner Bank bot mir an, die Reservierung des Hotels einschließlich der dort anfallenden Kosten zu übernehmen“, räumte Welteke gestern ein, nachdem sein verlängerter Hauptstadttrip heftig kritisiert wurde. Schließlich beliefen sich die „anfallenden Kosten“ für ihn samt Familie auf saftige 7.661,20 Euro.
Welteke (Jahresgehalt rund 350.000 Euro) kann kein Fehlverhalten erkennen. Er spricht lediglich von „Missverständnissen“. Kritiker nennen sein Verhalten dagegen instinktlos, ist doch die Bundesbank zusammen mit dem Bundesaufsichtsamt für das Finanzwesen (BAFin) für die Kontrolle der Privatbanken zuständig. CSU-Generalsekretär Markus Söder ruft Welteke sogar auf, sein Amt vorerst ruhen zu lassen.
Mit dem Bundesbankchef steht nicht nur der oberste Geldpolitiker der Republik, sondern auch ein profilierter Sozialdemokrat unter Beschuss. Von Juni 1984 bis April 1991 war der Diplomvolkswirt mit einer kurzen Unterbrechung Vorsitzender der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag. 1994 rief ihn der damalige hessische Ministerpräsident Eichel an die Spitze des Wiesbadener Finanzministeriums. 1999 machte Eichel, inzwischen Bundesfinanzminister, seinem Weggefährten zum Präsidenten der Bundesbank. Als solcher war Welteke schon einmal zur Zielscheibe der Opposition geworden – bereits vor vier Jahren warf ihm der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber ökonomische Unfähigkeit vor.
Nun rückt auch die Bundesregierung von Welteke ab. „Die Verhaltensregeln der Bundesregierung sagen eindeutig aus, dass ein vergleichbares Verhalten von Bundesministern nicht zu dulden ist“, so ein Sprecher des Finanzministeriums. Ob Welteke als politischer Beamter jedoch dem Beamtenrecht unterliege, stehe nicht fest. Nach Paragraf 70 Bundesbeamtengesetz dürfen Beamte keine Geschenke annehmen. Als Chef der unabhängigen Zentralbank steht Welteke nach Paragraf 7 des Bundesbankgesetzes aber lediglich in einem „öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis“. In seinem Vertrag heißt es zwar: „Zu uneigennütziger Geschäftsführung sind die Vorstandsmitglieder verpflichtet.“ Doch was das bedeutet, ist bisher unklar.
„Nach unserer Auffassung ist das Beamtenrecht nicht anwendbar“, so eine Sprecherin der Bundesbank gegenüber der taz. Das Verhalten Weltekes sei „vertretbar“. Auch die Vizevorsitzende der Antikorruptionsorganisation „Transparency International“, Anke Martiny, nennt das Verhalten des obersten Bankers zwar „schlicht unanständig“. Rechtliche Konsequenzen habe er aber wohl nicht zu befürchten, sagte sie der taz.
Der Bundesbankpräsident selbst spricht von einer „Kampagne“ und wirft der hessischen CDU-Regierung indirekt vor, seine Reputation in Frage stellen zu wollen. Als ehemaliger hessischer Finanzminister sei er „betroffen“, dass ein solcher Beleg an die Öffentlichkeit komme. Die Dresdner Bank hatte die Kosten der Veranstaltung beim Finanzamt in Frankfurt am Main als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht. Allerdings gesteht Welteke indirekt ein, einen Fehler gemacht zu haben. Er überwies gestern die Kosten für zwei Übernachtungen privat an die Dresdner Bank. Den Rest bezahlte die Bundesbank.