„Einfach fantastisch“

Tommy Robredo besiegt Lleyton Hewitt und zieht mit vier weiteren Spaniern ins Achtelfinale von Paris ein

PARIS taz ■ Die Leute auf den Rängen skandierten seinen Namen, und er sah aus, als könne er nicht genug kriegen davon. Tommy Robredo aus Barcelona, 21 Jahre alt, ließ sich feiern nach seinem Sieg gegen die Nummer eins des Tennis und dieses Turniers, Lleyton Hewitt, und wie ein Dirigent forderte er die Leute auf, nicht nachzulassen in ihrer Begeisterung. „Besser kann es nicht sein“, schwärmte er. „Wenn du mit 0:2 Sätzen zurückliegst gegen Hewitt, wenn du alles versuchst, wirklich alles, wenn du dann den dritten Satz gewinnst, den vierten und schließlich auch den fünften, obwohl du noch mal 1:3 zurückgelegen hast, das ist einfach fantastisch.“

Nun ist es nicht neu, dass Lleyton Hewitt mit dem Spiel auf Sand immer noch nicht so furchtbar viel anfangen kann, aber dass er sich eine Partie entreißen lässt, die er zwei Sätze lang mit erdrückender Präsenz im Griff hatte, verwundert denn doch (6:4, 6:1, 3:6, 2:6, 3:6). Vielleicht habe er zu früh den Fuß vom Gas genommen, meinte er, was als Erklärung für den Verlust der Sätze drei und vier angehen mag, nicht aber dafür, warum er Robredo mit einer Serie verhängnisvoller Doppelfehler im letzten Satz, als der schon fast erledigt war, noch einmal eine Chance gab.

Aber, und das weiß Hewitt nun erst mal, ein Spanier ist in Paris erst dann erledigt, wenn das Spiel vorüber ist – nicht nur, wenn das Spiel wie bei Hewitt auf dem legendären Platz Nummer eins stattfindet, der wegen seiner runden Form Stierkampfarena genannt wird. Zu fünft sind die Spanier ins Achtelfinale marschiert – Robredo, Costa, Ferrero, Mantilla und Moya –, und obwohl alle fünf behaupten, noch nicht in bester Form zu sein, stellen sie unglaubliche Sachen an.

Vor allem Albert Costa. Der Titelverteidiger besiegte Nicolas Lapentti aus Ekuador in mehr als viereinhalb Stunden 4:6, 4:6, 3:6, 6:4, 6:4, lag im vierten Satz schon 1:4 zurück, schöpfte aber aus einer großen inneren Quelle so viel Kraft, dass er am Schluss selbst noch die Verzweiflungs-Stopps des von Krämpfen geplagten Lapentti erreichte. Dreimal hat er nun in fünf Sätzen gewonnen, zweimal nach einem Rückstand von 0:2, und er ist dabei insgesamt fast zwölf Stunden lang von rechts nach links, von links nach rechts, von hinten nach vorn und von vorn nach hinten gerannt.

In diesem Zusammenhang bietet sich ein kleiner Seitenblick auf die Frauen an. Da hat Venus Williams als einzige der sieben Besten auf dem Weg ins Achtelfinale einen Satz verloren, und das sicher auch nur deshalb, weil es ihr wegen einer lästigen Bauchmuskelzerrung an der passenden Vorbereitung auf die French Open fehlte. Nun spricht die Dauer eines Spiels nicht zwangsläufig für Qualität desselben, aber die Fünfsatz-Schocker der Spanier haben neben manch anderem auch einen sehr kompakten Unterhaltungswert.

Und Mann muss in Paris offensichtlich schon mächtig schinden, um endlich auf dem Court Central spielen zu dürfen. Anders als in Wimbledon, wo der Titelverteidiger die Ehre des Eröffnungsspiels auf dem Centre Court genießt, kümmern sich die Franzosen um solche Dinge nicht. Nach jedem seiner drei Siege ist Costa gefragt worden, ob er als Titelverteidiger nicht einen Auftritt auf der größten Bühne des Stade Roland Garros verdient habe. Costa hat jedes Mal mit den Schultern gezuckt und gesagt, seiner Meinung nach ja, aber er habe das nicht zu entscheiden.

Aber gut, die Corrida geht weiter. Heute im Achtelfinale wird Albert Costa garantiert endlich vor vollem Haus mit 15.000 Zuschauern auf dem Court Central spielen dürfen, denn sein Gegner ist der letzten Franzose im Männerturnier, Arnaud Clément. DORIS HENKEL