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Archiv-Artikel

vorlauf Willkommen bei Kinowelt

„Einmal Hollywood und zurück“ (Mo., 21.45 Uhr, ARD)

Die ARD betreibt derzeit so etwas wie die Aufarbeitung des medialen Sündenfalls: des kometenhaften Aufstiegs und ebenso tiefen Absturzes junger Unternehmen im Film- und Fernsehmarkt.

Ging es jüngst zu EM.TV nach Oberpfaffenhofen („Die Haffa-Brüder“, 19. 5.), führt die Doku von Michael Möller heute nach Göttingen. Dorthin, wo ein kinovernarrter Hochschuldozent namens Michael Kölmel dereinst ein kleines Kino übernahm und schon bald nicht nur Filme vorführen wollte. Selber Filme zu machen war wohl doch etwas zu verwegen, aber direkt die Rechte für den deutschen Markt kaufen und die Streifen selbst an den Mann und die Kinos bringen, das könnte klappen. Und so vertrieben Michael Kölmel und sein Bruder Rainer bald so hochwertige wie internationale Filmware.

Alles blieb hübsch bescheiden, bis 1997 „Der englische Patient“ die Kinowelt getaufte Firma plötzlich ins Bewusstsein von Hollywood rückte: Kinowelt hatte den für seichte US-Bedürfnisse zu sperrigen Film in Deutschland zum Mega-Erfolg gemacht. 1998 ging’s an die Börse, der Aktienkurs stieg gleich am ersten Tag um das beinahe Zehnfache – und so ging es weiter. Bis 2001.

Die Brüder hätten durch die Börse einfach zu viel Geld gehabt, das ganz schnell weg musste, sagt im Film ein Kinowelt-Betriebsrat, an einer „Machtprobe im überoptimistischen Umfeld“ sei man gescheitert, bilanziert am Ende Michael Kölmel.

Möllers Doku zeigt überzeugend, woran es noch alles lag. Das ist ihr großes Verdienst. Ein bisschen ratlos macht dagegen die offensichtliche Sympathie, die der Autor für die Brüder Kölmel hegt, denn so behalten sie ganz überwiegend die Argumentationshoheit.

Auch zur überraschenden Wendung zum Schluss, als die Kölmels das von ihnen an die Wand gefahrene Unternehmen dank größzügiger Kredite wieder kaufen und nach Leipzig verlegen, hätte man sich so etwas wie einen Standpunkt von Möller gewünscht. Zum Trost bleibt ein Bonmot von Rainer Kölmel: „Im Grunde gehört das jetzt alles der Stadtsparkasse.“ Und das soll ja nicht nur bei der Kinowelt so sein. STEFFEN GRIMBERG