VERHAFTUNG IN BIRMA: DIE HARDLINER HABEN SICH ERNEUT DURCHGESETZT : Schwere Geschütze gegen die Opposition
Eine Überraschung ist die Verhaftung der Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi und einiger ihrer Anhänger in Birma nicht. Auch wenn es zynisch klingt: Irgandwann musste es soweit kommen. Manche Beobachter werden sich sogar gefragt haben, warum die herrschenden Militärs bis jetzt gewartet und nicht schon Wochen vorher derart schwere Geschütze gegen die Opposition aufgefahren haben. Die Gründe dafür sind vielschichtig und innerhalb der Junta selbst zu suchen.
Klar ist, dass seit der Entlassung Aung San Suu Kyis aus ihrem zweiten Hausarrest im Mai vergangenen Jahres gar nichts passiert ist. Es hat keine versöhnlichen Gespräche zwischen der Oppositionsführerin und den Militärs gegeben. Die charismatische Friedensnobelpreisträgerin, deren betonte Dialogbereitschaft die Junta weiterhin unbeachtet ließ, hat das Desinteresse der Regierung in Rangun verschärft angeprangert – was die politischen Fronten noch weiter verhärtete.
Angesichts dessen darf es nicht wundern, wenn der Westen keine Veranlassung sieht, die Wirtschaftssanktionen gegen Birma aufzuheben. Dabei hatte die Junta im vergangenen Jahr darauf spekuliert, dass mit der Freilassung Suu Kyis der Gerechtigkeit Genüge getan wurde und die Kritiker endlich zufrieden gestellt seien. Damit haben sich die Militärs offensichtlich verrechnet. Potenzielle Investoren wie Menschenrechtler drängten nach der Entlassung Suu Kyis auf eine anhaltende Liberalisierung – eine Forderung, die die herrschende Klasse auf keinen Fall erfüllen mag.
Doch die Zustände in der birmesischen Politik sind nicht nur schwarz oder weiß. Das Hinauszögern einer politischen Annäherung und die damit einhergehende Brüskierung der UN-Sondergesandten ist unzweifelhaft Hardlinertaktik. Doch andere Gruppen innerhalb der Junta scheinen zu begreifen, dass sich die Zeiten geändert haben, mutmaßten Experten in den vergangenen Wochen. Diesen Kreisen innerhalb des Militärs den Titel „Reformer“ zu verleihen hieße allerdings, den Bock zum Gärtner zu machen. Wenn diese intern auf Änderungen drängen, dann nur aus dem Kalkül heraus, es könne ihnen später nützen.
Der neuerliche Arrest von Aung San Suu Kyi, von dem niemand weiß, wie lange er dauern wird, sowie das drohende Verbot ihrer „Nationalen Liga für Demokratie“ sind Indizien dafür, dass sich wieder einmal die Hardliner durchgesetzt haben. Für Suu Kyi und alle Kritiker der Militärjunta ein bitteres Déjà-vu-Erlebnis. NICOLA GLASS