: Versöhnungsgesten in Petersburg
Beim Bankett anlässlich des 300-jährigen Stadtjubiläums reicht George W. Bush Bundeskanzler Gerhard Schröderkurz die Hand. Auch mit Russlands Staatschef Wladimir Putin übt sich der US-Präsident im Austausch von Freundlichkeiten
aus Moskau KLAUS-HELGE DONATH, aus Krakau GABRIELE LESSER
St. Petersburg brachte die Annäherung: Anlässlich eines Banketts zum 300-jährigen Stadtjubiläum ist US-Präsident George W. Bush ist am Samstagabend in einer versöhnlichen Geste auf Bundeskanzler Gerhard Schröder zugegangen, mit dem er sich im Streit über den Irakkrieg entzweit hatte.
Schröder habe bereits am Tisch gesessen, als Bush eingetroffen sei, verlautete aus Delegationskreisen. Bush habe Schröder mit Handschlag begrüßt und ihn gefragt: „How are you?“ Schröder habe geantwortet: „Fine.“ Nach einer kurzen Unterhaltung habe Bush auch Schröders Frau begrüßt.
Mit einem langen Händedruck legten auch Bush und Russlands Präsident Wladimir Putin, gestern ihren Zwist infolge des Irakkrieges bei. „Diese Erfahrung macht unsere Beziehung stärker“, meinte Bush, woraufhin sich der russische Gastgeber brav revanchierte: „Es ist uns gelungen, die persönliche Beziehung zu wahren und die Instrumente der Zusammenarbeit wirksamer zu machen.“
Doch der freundliche Umgang täuscht nicht über die mangelnde Substanz der bilateralen Gemeinsamkeiten hinweg. Bush war enttäuscht von Putin, der sich im Irakkrieg nicht an die Seite der USA stellen wollte und auch nicht einfach konnte. Die Reise in die alte Residenzstadt signalisierte die Bereitschaft zur Versöhnung.
Der US-Apparat sieht es anders. Washington begegnet Moskau bestenfalls mit Gleichgültigkeit. Es fehlt wohl ein gemeinsames Fundament: Staaten, die sich in erster Linie über Sicherheitsinteressen definieren – wie Russland und die USA – können kaum kooperieren, wenn sie in der Sicherheitspolitik unterschiedlicher Meinung sind.
Erhöhtes Interesse an Russland zeigen die USA höchstens bei der Eindämmung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie der Kontrolle Nordkoreas und des Iran. Das sprach Bush auch direkt an. Seit langem ist die russische Hilfe beim Bau eines Atomreaktors im iranischen Bushehr den Amerikanern ein Dorn im Auge. Denn inzwischen glauben die USA genug Hinweise zu haben, dass die Iraner eine Atomanlage zur Urananreicherung mit militärischen Absichten errichten. Beide hätten wegen des fortgeschrittenen Atomwaffenprogamms schwere Bedenken, meinte Bush und holte Putin mit ins Boot, der darauf verwies, dass das Atomprogramm nicht als Hebel unehrlicher Konkurrenz genutzt werden dürfe. Hinter den Kulissen erklärten US-Vertreter, auch Moskau teile die Sorge, dass Teheran das Atomprogramm nicht nur zur zivilen Nutzung betreibe.
Wesentlicher entspannter dürfte sich Bush bei seinem Kurzbesuch in Polen gefühlt haben. Dass der US-Präsident am Samstag ausgerechnet Krakau für seine außenpolitische Grundsatzrede wählte, hat hohen symbolischen Wert. Denn mit seinem Aufruf zur Einheit zwischen Europäern und Amerikanern schüttete Bush die Gräben zu, die US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor Monaten aufgerissen hatte. Vom alten und neuen Europa war keine Rede in Krakau.
Im mittelalterlichen Burghof betonte Bush, dass Amerikas treuer Bündnispartner Polen seinen Platz in Europa habe, dem Amerika „sein moralisches Erbe der Demokratie, Toleranz und Freiheit“ verdanke. Die Polen müssten auch nicht zwischen Europa und den USA wählen, spielte Bush auf das EU-Referendum am nächsten Wochenende an. Sie könnten „gute Staatsbürger Europas und gute Freunde Amerikas“ zugleich sein.
Bush warb erneut für die Nato und die Einigkeit im Antiterror- kampf. Die USA „brauchen die Hilfe, den Rat und die Weisheit“ der europäischen Verbündeten. „Dies ist nicht der Zeitpunkt, um in dieser großartigen Allianz Meinungsverschiedenheiten heraufzubeschwören.“ Zumal sich eine der Fronten im Kampf gegen den Terror in Europa befinde. Europas Polizei und Geheimdiensten komme eine bedeutende Rolle beim Kampf gegen den Terror zu, so der US-Präsident. Aber ohne militärisches Eingreifen sei die Sicherung von Frieden und Freiheit auf Dauer nicht möglich.
Die USA wollen sich künftig für die Nichtweiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen einsetzen. Polen und die USA bereiteten einen Vertrag vor, der es ermöglichen soll, Schiffe auch auf dem offenen Meer sowie Flugzeuge auf verdächtige Ladung zu durchsuchen. Diese Vereinbarung sollen später auch andere Länder unterzeichnen. „Wenn Europa und die USA zusammenstehen, kann kein Problem, kein Feind gegen sie bestehen“, warb der US-Präsident für einen Neuanfang in den beiderseitigen Beziehungen nach dem Zerwürfnis über den Irakkrieg.