Industrie ist saubere Energie zu teuer

BDI und Co wollen ihren Anteil an den Kosten von Windenergie nicht zahlen – Bundestag überarbeitet EEG

BERLIN taz ■ Ein bisschen sind die Bündnisgrünen selber schuld. „Wir haben mit der SPD den Kompromiss verabredet, dass die Härtefallregelung getrennt vom Erneuerbaren Energie-Gesetz verhandelt wird“, erklärt die grüne Energieexpertin Michaele Hustedt. Deshalb wird wohl in dieser Woche eine Sonderregelung vom Bundestag verabschiedet, die stromintensive Betriebe teilweise von der Zahlung befreit. Und deshalb muss sich die Grüne schon wieder heftige Kritik am EEG anhören, obwohl dessen Förderkriterien erst im Herbst im Bundestag verhandelt werden.

Jetzt geht es dagegen um eine vergleichsweise kleine Änderung: „Von der Regelung sind etwa 20 Unternehmen betroffen“, schätzt Hustedt. Eigentlich also kein Grund für tief schürfende Debatten. Andererseits genau der richtige Anlass, um gegen das EEG auf breiter Linie Stimmung zu machen. Die Industrie rechnet steigende Kosten bis 2007 und damit arge Wettbewerbsnachteile vor – und droht mit Abwanderung ins Ausland. Damit nicht genug: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHT) verlangen lautstark, dass die Ausnahmeregelung auf breite Teile der Industrie ausgedehnt wird.

Die Lobbyverbände stehen nicht allein da. Nordrhein-Westfalens Energieminister Axel Horstmann (SPD) hat sich etwa dafür ausgesprochen, die zurzeit stark anwachsende Förderung der Windenergie zu begrenzen. Mit einem neuen Förderkatalog solle außerdem gewährleistet werden, dass Windanlagen künftig nur noch dort subventioniert werden, wo die Windverhältnisse günstig sind. In NRW stehen derzeit 1.800 Windanlagen. Der Anteil der Stromkunden, die Ökostrom beziehen, liege aber noch unter einem Prozent.

Michaele Hustedt hat also derzeit alle Hände voll zu tun. „Es stimmt, dass die Kosten bis 2007 anwachsen. Von da an – das zeigen alle Berechnungen – sinken sie aber sehr stark.“ Demgegenüber stünden steigende Produktionskosten bei den konventionellen Energieträgern. „Heute sind die Kraftwerke abgeschrieben. Wenn in den kommenden 20 Jahren 80 Prozent der Kraftwerkskapazitäten wegen Überalterung ersetzt werden müssen, kommen die Investitionskosten natürlich dazu“, sagt Hustedt.

Nun gibt es auch Industrielobbys, die die Grüne unterstützen: der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) zum Beispiel: „Wer das EEG antastet, gefährdet über 130.000 Arbeitsplätze“, argumentiert Präsident Johannes Lackmann. Die erneuerbaren Energien beschäftigten heute mehr Menschen als in Kohle- und Kernenergiewirtschaft zusammen. Die Kostenschere zwischen Strom aus erneuerbaren Energien und Strom aus Kohle, Gas und Kernkraft gehe nicht auseinander, sondern zusammen. Angesichts „explodierender Gewinne bei den großen Stromkonzernen“ seien deren Klagen über eine zu hohe Kostenbelastung geradezu lächerlich. Trotzdem muss man zumindest bilanzieren, dass die vorgezogen behandelte Härtefallregelung politisch unklug war. Nicht zuletzt, weil es damit den Anhängern einer soliden Förderung im Herbst auch an Verhandlungsmasse mangeln könnte. NICK REIMER