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Archiv-Artikel

Krach um Gutachten

Anwalt traumatisierter Frau will Ausländerbehörde verklagen: Sie nehme den Tod einer Kurdin in Kauf

Von ede

Der Niedersächsische Flüchtlingsrat appelliert an die Ausländerbehörde des Landkreises Osterholz-Scharmbeck, bei schwerkranken, suizidgefährdeten Flüchtlingen nicht an einer Abschiebung festzuhalten. Der Landkreis plane, die schwerst traumatisierte und depressive Kurdin C. in die Türkei abzuschieben. Trotz Klinikaufenthalt nach mehreren Suizidversuchen habe die Ausländerbehörde darauf bestanden, die „Reisefähigkeit“ der abgelehnten Asylbewerberin festzustellen.

Die zuständige Amtsärztin schreibt dazu in ihrer Stellungnahme: „Konsequente Beaufsichtigung ab Mitteilung der bevorstehenden Abschiebung und Fortsetzung der medikamentösen Therapie kann die Reisefähigkeit herstellen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich durch dieses Vorgehen die Depression verschlimmert.“ Daraus zieht die Ausländerbehörde des Landkreises den Schluss, dass die Frau „reisefähig“ sei und in Arztbegleitung abgeschoben werden könne.

„Die Ausländerbehörde will vom Gesundheitsamt offenbar nur bescheinigt haben, dass die Frau den Flug in die Türkei übersteht. Was weiter passiert, dass die Frau sich möglicherweise nach Ankunft in der Türkei oder gar im Vorfeld der Abschiebung das Leben nimmt, scheint der Ausländerbehörde vollkommen gleichgültig zu sein“, folgert die Allgemeinmedizinerin Gisela Penteker vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat, die im vergangenen Jahr mit der Ehrenplakette der niedersächsischen Ärztekammer ausgezeichnet wurde. Immer wieder könne man feststellen, dass Ärzte für Abschiebungen instrumentalisiert würden. Auch deutsche Ärztetage oder Ärzte-Initiativen wie der „Aachener Appell“ weisen darauf hin, dass das Ausstellen von „Reisefähigkeitsbescheinigungen“ unter „Missachtung fachärztlich festgestellter Abschiebehindernisse“, wie etwa der Behandlung von posttraumatischen Störungen, gegen ethische Grundsätze von ÄrztInnen verstoße.

Der Bremer Anwalt der Familie erwägt nun strafrechtliche Schritte gegen die Ausländerbehörde, da sie wissentlich den Tod der Frau in Kauf nähme. taz/ede