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Archiv-Artikel

Grüne kippt SPD-Mehrheit

Die EU-Bürger haben‘s gemacht: In der Stadtbürgerschaft bekommen die Grünen einen Sitz mehr, die SPD einen weniger – und verliert damit ihre absolute Mehrheit

Von sgi

taz ■ Es ist ein Novum in Bremen und wohl auch bundesweit einmalig: Die Grünen haben in der Stadtbürgerschaft einen Sitz mehr als bisher angenommen, die SPD dafür einen weniger. Sie verliert damit ihre absolute Mehrheit im Kommunalparlament. Bewirkt haben diesen Umschwung, der die 23-jährige Tanja Prinz für die Grünen hineinbringt und Renate-Annette Groddeck für die SPD herauskickt, die EU-Bürger in Bremen. Denn auf Kommunalebene dürfen EU-Bürger seit 1996 mitwählen

7.109 wahlberechtigte Bürger aus EU-Ländern leben in Bremen, 1.886 sind am 25. Mai zur Wahl gegangen. Für die Grünen votierten 20,4 Prozent davon – zum Vergleich: Von den deutschen Wählern stimmten 13,5 Prozent für die Oppositionspartei. Die gut 20 Prozent oder 379 Stimmen reichten Tanja Prinz, um doch noch das Parlament zu entern. Am Wahlabend selbst war es ganz knapp gegen sie ausgegangen. Zwar schnitt auch die SPD mit 44 Prozent unter EU-Wählern überdurchschnittlich ab, weil aber die Grünen soviel mehr punkten konnten, kriegen sie noch einen Sitz, den dafür die Sozialdemokraten verlieren.

Weil die EU-Bürger nur kommunal, sprich: stadtbremisch, wählen dürfen, wird die Grüne Prinz künftig nur in der Stadtbürgerschaft vertreten sein und Sozialdemokratin Groddeck nur ebendort fehlen. Wenn der Landtag tagt, also die Bremer und Bremerhavener gemeinsam, fehlt dafür Prinz, und Groddeck ist da. Damit sieht die neue Sitzverteilung im Kommunalparlament so aus: 33 Plätze für die SPD, 23 für die CDU, 11 für die Grünen.

Tanja Prinz, die am Wahlabend „schon ziemlich enttäuscht“ ob des verfehlten Einzugs ins Parlament war, erwischte die Nachricht gestern auf dem Fahrrad. Sie brachte gerade ihre Diplomarbeit – Thema: Mentoring-Programme für Frauen in der Politik im Vergleich – zum Korrekturlesen und freute sich „riesig“. „Europapolitik, Jugendpolitik, gerne auch Soziales“, nennt sie als Schwerpunkte, die sie sich zu eigen machen würde, „wobei länder- und europaweite Themen jetzt ja eher nicht so in Frage kommen.“

Auch wenn Tanja Prinz bei den monatlichen Parlamentssitzungen nur dienstags dabei sein darf, wenn die Stadtbürgerschaft tagt, SPD-Abgeordnete Groddeck dafür nur mittwochs und donnerstags, zählt die Nachwuchsgrüne dennoch zur damit insgesamt 13-köpfigen Grünen-Fraktion. Mit acht Frauen und vier Vertretern der grünen Jugend, darunter auch Prinz, „stellen die Grünen mit Abstand die jüngste und weiblichste Fraktion im Parlament“, triumphierte gestern Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert. sgi