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Archiv-Artikel

Gemischter Paso Doble in der Partnerstadt

Anna aus Köln und Anton aus Wolgograd wollen Weltmeister in den lateinamerikanischen Tänzen werden. Dafür ist viel Training nötig – und für den 14-jährigen Russen ein Bleiberecht. Doch seine Aufenthaltsgenehmigung läuft ab

KÖLN taz ■ Beim Cha-Cha-Cha wirbeln Anna Seltenreich und Anton Skuratov wie die Weltmeister über das Parkett des Köln-Mülheimer Tanzsportclubs TSC Excelsior. Noch in diesem Jahr wollen die Kölnerin und der Wolgograder (beide 14) den offiziellen Titel holen. Anfang Februar gewannen sie die Junioren-Landesmeisterschaft in den lateinamerikanischen Tänzen. Einen Monat später gingen sie aus einem Feld von nahezu 80 Paaren als Deutsche Vizemeister hervor. Somit könnten sie im Dezember an der Weltmeisterschaft in Riga teilnehmen – wenn sie bis dahin gemeinsam im Training bleiben. Antons Besuchserlaubnis, die inzwischen einmal verlängert wurde, reicht allerdings nur bis zum 25. Mai.

Im letzten Herbst tanzte Anton noch in Russland und gewann mit seiner damaligen Partnerin in Wolgograd die Stadtmeisterschaft. Als ihn die Profi- Tänzerin Alla Bastert-Tkachenko, die beim TSC den Nachwuchs trainiert, bei einem Turnier in Moskau erlebte, erkannte sie in ihm gleich den Traumpartner für Anna. Mit Einverständnis der Eltern und einem Besuchervisum für drei Monate kam Anton im Dezember nach Köln. Inzwischen besucht er eine hiesige Realschule, lernt Deutsch und weiß nun auch, dass Köln die Partnerstadt von Wolgograd ist.

Antons weltmeisterliche Ambitionen spiegeln ein internationales Phänomen: Russen dominieren den Tanzsport. Die überregionalen Ranglisten bestehen praktisch nur aus russischen Namen. Auch im 300 Mitglieder starken Mülheimer Tanzclub wird Russisch gesprochen. „Der sportliche Erfolg ist für russische Tänzer das Tor zur Welt“, sagt Hans Brandt, Ex-TSC-Vorsitzender. Er kennt sich in der russischen Tanz-Szene aus. Zwischen 1982 und 1996 organisierte er Touren, die mal nach St. Petersburg, mal nach Sibirien und mehrfach an die Wolga führten – eine Mischung aus Sightseeing und Turnieren mit befreundeten Vereinen. Auch in Wolgograd tanzten die Kölner Wiener Walzer, Slow-Fox und Paso-Doble.

Ende März gewannen Anna Seltenreich und Anton Skuratov die Landesmeisterschaft in der Kombination (Standard und Latein). In dieser Disziplin wollen sie am 22. Mai die Deutsche Meisterschaft gewinnen. Dann droht Anton – streng nach Gesetz – der Heimflug nach Wolgograd. Damit die Partnerstadt Köln kein angehendes Weltmeister-Paar verliert, will sich Ralf Scherbaum, grüner Stadtrat und zugleich Vorstandsmitglied des Partnerschaftsvereins Köln-Wolgograd, für den jungen Russen stark machen. Scherbaum: „Es wäre schön, wenn Köln für Anton Skuratov zur zweiten Heimat würde.“ Peter Hanemann