Vertriebene ihrer Akten beraubt

Unbekannte verwüsten die Bonner Zentrale des Bundes der Vertriebenen (BdV). Der verdächtigt „Linksextremisten“. Auch die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund

KÖLN taz ■ Das monotone Surren der Trockenmaschinen durchdringt die Räume des Bundesverbandes der Vertriebenen (BdV): Die Mitarbeiter des BdV versuchen, die nassen Fußboden und Wände der Büroräume mit Lüftungsgeräten zu trocknen. Über Ostern hatten Unbekannte die Geschäftsstelle in Bad Godesberg-Pittersdorf verwüstet und unter Wasser gesetzt. Die Bonner Polizei vermutet einen politischen Hintergrund und hat den Staatsschutz eingeschaltet, der zur Zeit ermittelt.

Eine Passantin hatte am Ostersonntag die Polizei verständigt, nachdem sie Wasser aus der Eingangstür des Bürohauses dringen sah. Die Beamten stellten fest, dass zwei Stockwerke geflutet waren und einige Büros verwüstet: Die Täter hatten Lampen aus der Decke gerissen, Karteikästen geleert und zerstört. Den Schaden schätzt Walter Stratmann, Pressesprecher des BdV, auf gut 100.000 Euro. Vermutlich waren die Täter zwischen Gründonnerstag, 15 Uhr, und Ostersonntag Morgen in die Bundesgeschäftsstelle in der Godesberger Allee 72 eingedrungen, sagt die Polizei.

„Wir vermuten linksextreme Täter“, gibt Stratmann an. Er berichtet weiter, dass kein Bargeld entwendet worden sei, dafür aber Anwaltskorrespondenzen, die den Prozess gegen die Journalistin Gabriele Lesser betreffen. Die Präsidentin des BdV, Erika Steinbach, hatte Lesser, taz-Korrespondentin in Warschau, auf 60.000 Euro verklagt, nachdem diese in einem Kommentar zum „Zentrum gegen Vertreibungen“ in den Kieler Nachrichten die Haltung des BdV kritisiert hatte. Die Klage von Steinbach hatte in Polen eine Welle der Solidarisierung mit Lesser ausgelöst.

Laut BdV stahlen die Einbrecher darüber hinaus Informationen zu einer Strafanzeige gegen die Antifa Frankfurt. Die Antifa hatte Ende vergangenen Jahres einen Aufkleber mit dem Titelbild der polnischen Zeitschrift Wprost verbreitet, das Erika Steinbach in SS-Uniform mit Hakenkreuzbinde auf Kanzler Schröder reitend zeigt. Die Polizei durchsuchte daraufhin Privatwohnungen in Frankfurt wegen „Verwendung verfassungswidriger Symbole“.

Der Bund der Vertriebenen ist eigenen Angaben zufolge einziger repräsentativer Verband der 15 Millionen Deutschen, die infolge von Flucht, Vertreibung und Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland Aufnahme gefunden haben und finden. Er besteht aus 21 Landsmannschaften, 16 Landesverbänden und vier angeschlossenen Mitgliederorganisationen und wurde 1958 in Berlin gegründet.

Alina Fichter