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Archiv-Artikel

Weit gereistes Blech

Erstes Passagierschiff landet am neuen Empfangsgebäude in der Hafencity. Ein neues Provisorium ersetzt das alte, dafür aber jetzt mit Stil

Dem Landgang schließt sich lediglich ein Drittel bis die Hälfte der Passagiere an

von GERNOT KNÖDLER

Das Mini-Bierzelt, in dem die Freie und Hansestadt Hamburg noch bis vor kurzem Kreuzfahrt-Touristen aus aller Welt empfing, war schon etwas peinlich. In Rekordzeit hat die Hafencity Hamburg GmbH jetzt ein neues Provisorium aus dem Boden stampfen lassen, das Kult-Charakter bekommen könnte, wie die rote Info-Box auf dem Potsdamer Platz in Berlin. In nur acht Wochen Planungs- und sieben weiteren Wochen Bauzeit zauberten die Architekten des Büros Renner-Hainke-Wirth einen Kreuzfahrtterminal aus Containern. Gestern ist er von den fast 1.300 Passagieren der „A‘rosa Blu“ erstmals benutzt worden.

„Das neue Hamburg Cruise Center vermittelt Kreuzfahrern, internationalen Touristen, Besuchern und Bürgern Hamburgs bereits heute eine erste Vorstellung von der lebendigen und maritimen Atmosphäre des künftigen Überseequartiers in der Hafencity“, schwärmte Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der Hafencity GmbH. In der Tat lässt der Bau von Renner-Hainke-Wirth in dieser Hinsicht nichts zu wünschen übrig. Seine Wände bestehen aus 51 aufeinander gestapelten Containern in den Farben des Meeres – verschiedenen Blautönen und Grün. Darauf liegt ein luftiges Dach mit sichtbarem Trage-Fachwerk als Andeutung eines Segels. Zur Landseite hin springt es vor und kann effektvoll von innen beleuchtet werden.

Das Maß des Maritimen voll machten die Architekten durch Verwendung gebrauchter Container. Weit gereiste Kreuzfahrer lassen sich in weit gereisten Blechkisten abfertigen. In den Kisten sind Toiletten, Räume fürs Personal und den Zoll untergebracht. Einen Ausblick durch eine gläserne Stirnwand schufen Renner-Hainke-Wirth durch Einsetzen von Container-Rahmen, wie sie für spezielle Güter auf See verwendet werden.

Auf dem Estrich will Karin Renner den Ankömmlingen mit farbigem Industrieboden den sprichwörtlichen roten Teppich ausrollen. Die große Halle wird je nach Bedarf mit Schaltern in verschiedenen Konstellationen möbliert. Kommt kein Schiff, soll sie für Veranstaltungen genutzt werden. Auch Gabelstapler müssen hier durchfahren können.

„Mit 1.300 Passagieren war die Halle schon ziemlich gefüllt“, kommentierte Arndt-Peter Böttcher, Kapitän der A‘rosa Blu. Aus seiner Sicht ist es vor allem wichtig, dass die Reisenden bei ihrer Landung vor Wind und Wetter geschützt werden. Außerdem muss die Halle ab dem 1. Juli neuen Sicherheitsbestimmungen für den Hafen genügen. Weil Schiffe-Kieker dann auf Abstand gehalten werden, plant Renner, Aussichtstürme auf den Grasbrook zu stellen.

Wie Käpt‘n Böttcher bestätigte, bietet Hamburg den Kreuzfahrt-Passagieren durch die Nähe seines Terminals zur Innenstadt tatsächlich einen Vorteil gegenüber anderen Häfen. Kreuzfahrer könnten „buchstäblich mitten nach Hamburg hineinfahren“, strich Bausenator Michael Freytag (CDU) heraus. Allerdings scheint der Landgang bei den Passagieren an Bedeutung zu verlieren: Lediglich ein Drittel bis die Hälfte seiner Passagiere schließe sich den Exkursionen an. Es liege im Trend, Kreuzfahrt-Schiffe wie einen schwimmenden Club Mediterrane zu betreiben, einen schwimmenden Freizeitpark mit Wellness-Angeboten und einer Bar, um darin zu versumpfen.

Der endgültige Terminal, dessen Gestalt noch ungewiss ist, soll ab 2009 errichtet werden. Er wird am Westrand des für die Hafencity zentralen Überseequartiers am Magdeburger Hafen liegen, dessen Bau 2006 beginnt.