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Archiv-Artikel

Kreative im Ausländeramt

Um einen Asylbewerber aus der Elfenbeinküste möglichst schnell abschieben zu können, soll ein Cloppenburger Beamter Papiere gefälscht haben. Jetzt landet der Fall vor dem Amtsgericht

Die Ausländerbehörde „erdichtete“ angeblich eine „Heimatadresse“ in Kinshasa

taz ■ Ob ein Asylbewerber aus dem Kongo, aus der Elfenbeinküste oder aus Mali stammt, scheint für manche Ausländerbehörden egal zu sein – Hauptsache, er läßt sich problemlos abschieben. Dafür muss jedoch die Identität des Bewerbers geklärt sein. Wenn das schier unmöglich scheint, können selbst Beamte erfinderisch sein. So jedenfalls lautet der Vorwurf gegen Herrn B. von der Ausländerbehörde in Cloppenburg, der jetzt vor dem dortigen Amtsgericht verhandelt werden soll.

Angeblich soll B. im Sommer 2000 mit Hilfe fingierter Daten bei der kongolesischen Botschaft Passersatzpapiere für den Asylbewerber K. besorgt haben – obwohl der nie im Kongo gelebt hat. Mittlerweile hat ein Sprachgutachten festgestellt, dass Herr K. aus der Elfenbeinküste stammt.

Das war dem Cloppenburger Beamten B. jedoch schnurz. Er wollte K. abschieben, weil sein Asylantrag abgelehnt worden war. Schwierig bei einem Mann ohne Papiere, der dazu noch Analphabet ist. Die eingeschaltete Botschaft der Elfenbeinküste war der Auffassung gewesen, K. stamme nicht aus dem Land, weil er Eltern aus Mali habe. Aber: Auch die Botschaft von Mali weigerte sich, Papiere auszustellen, weil keine Geburtsurkunde K.s aufzutreiben war.

Alsbald soll der Beamte B. dann richtig kreativ geworden sein. Weil die Botschaft des Kongo offenbar nicht so genau prüft, für wen sie Papiere ausstellt, wandte sich B. eben dorthin. „Dabei wurden“, so heißt es in einem Schreiben der Ausländerbehörde an das Oldenburger Verwaltungsgericht, „aufgrund der völlig ungeklärten Identität des Antragstellers, neben dem von ihm angegebenen Namen und Geburtsdatum diverse fiktive Daten eingetragen.“ So „erdichtete“ B. angeblich eine Heimatadresse K.s in Kinshasa. Mit den so „erschwindelten“ Papieren leitete B. die Abschiebung ein – und schaffte es sogar, K. für zwei Wochen in Abschiebehaft zu nehmen. Nur knapp konnte verhindert werden, dass der Mann aus der Elfenbeinküste in den Kongo abgeschoben wurde. K., inzwischen 31 Jahre alt, lebt heute immer noch geduldet in Cloppenburg.

„Ich bin fest davon überzeugt, dass B. kein Einzeltäter ist“, sagt der Bremer Anwalt des Asylbewerbers, Jan Sürig. Oft gehe es den Ausländerbehörden nur um möglichst schnelle Abschiebungen, um Sozialhilfe zu sparen. Inzwischen hat Sürig schon von mehreren ähnlichen Fällen in Deutschland gehört. Angeblich soll in der Ausländerbehörde in Cloppenburg sogar ein Stadtplan mit Straßennamen aus Kinshasa vorliegen.

Nachdem Sürigs erste Strafanzeige wegen mittelbarer Falschbeurkundung und Freiheitsberaubung von der Staatsanwaltschaft abgewiesen worden war, beschwerte sich der Anwalt. Jetzt nahm die Staatsanwaltschaft das Verfahren wieder auf.

Gabriele Schröder, die Sprecherin des Landkreises Cloppenburg, die vor drei Jahren in den Medien gesagt hatte, das Vorgehen der Ausländerbehörde sei „nicht unüblich“, wollte gestern „keinen Kommentar zu einem laufenden Verfahren“ abgeben. Der Angeklagte B. hat indes seinen Posten in der Behörde immer noch inne. Kai Schöneberg