: Nicht feiern, weniger verdienen
Axel-Springer-Verlag lässt im Zuge der Wirtschaftskrise „Abendblatt“-Neujahrsempfang ausfallen und kürzt Gehälter bei Hamburg 1. Mitarbeiter befürchten Teilfusion von „Abendblatt“ und „Welt“
VON MARCO CARINI
Die Rezession wirft ihre Schatten voraus – auch in der Hamburger Medienbranche. Um Kosten zu sparen, hat der lokale Fernsehsender Hamburg 1 erste Entlassungen ausgesprochen und plant Gehaltskürzungen bei den fest angestellten Mitarbeitern. Das bestätigte Hamburg 1-Geschäftsführer und Mitgesellschafter Bernhard Maria Bertram gegenüber der taz.
Die Unternehmensleitung und der Betriebsrat des Senders würden gegenwärtig über „eine Gehaltsreduzierung für die Mitarbeiter um rund zehn Prozent verhandeln“. Grund für die geplante Betriebsvereinbarung seien die „zu erwarteten Einbrüche auf dem Werbemarkt“ im zweistelligen Prozentbereich. Nur mit dem Gehaltsverzicht würden sich „weitere Entlassungen vermeiden“ lassen. Ganz ohne Personalabbau aber werde es auch so nicht gehen: Zwei Mitarbeiter hätten bereits ihre Kündigung, ein weiterer eine Änderungskündigung erhalten.
Betroffen von der geplanten Gehaltsreduzierung seien, so Bertram, „etwa 23 bis 25“ und damit rund die Hälfte der Mitarbeiter des Senders, da die Einbußen nur Personen betreffen sollen, die „mindestens 2.000 Euro brutto“ verdienen. In einer schriftlichen Umfrage hätten sich bereits etliche Bedienstete des Senders zum Gehaltsverzicht bereit erklärt.
Der werbefinanzierte Hamburger Privatsender gehört zu 63 Prozent der Holdinggesellschaft Germany 1, zu deren Hauptanteilseignern Bertram gehört. Weitere 27 Prozent der Anteile hält der Axel Springer Verlag – und auch der drückt kräftig auf die Kostenbremse. Prominentestes Hamburger Opfer des von Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner verordneten Sparkurses: Der traditionelle Neujahrsempfang des Hamburger Abendblatts im Nobel-Hotel Atlantic. Erstmals seit 22 Jahren wurde das für den 9. Januar terminierte Jahresauftakttreffen ersatzlos gestrichen, die aus über 1.000 Personen bestehende Gästeschar wieder ausgeladen.
Bereits vor zwei Wochen hatte das Berliner Verlagshaus mitgeteilt, für 2009 alle Feiern, Empfänge und Galas ausfallen zu lassen. Dazu gehören neben dem Abendblatt-Empfang auch die Verleihung der „Goldenen Kamera“ und der Bild-Medienpreis. „Wir wollen nicht dort sparen, wo es die Qualität unseres Journalismus und die Motivation unserer Mitarbeiter beeinträchtigt“, erklärt der Vorstandsvorsitzende, Mathias Döpfner. Im Mittelpunkt stehe dabei ein „konsequentes Kostenmanagement“.
„Not amused“ zeigte sich verlagsintern vor allem der neue, im Oktober inthronisierte Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz (42), dem damit die erste offizielle Möglichkeit genommen wird, sich öffentlich zu präsentieren und profilieren. Eine Absage sei „das falsche Signal“, schimpfte Strunz, bevor er sich auf den Sparkurs einnorden ließ.
Eine Personalreduzierung aber steht beim Hamburger Abendblatt zumindest offiziell noch nicht auf der Tagesordnung. „Entlassungen oder Einstellungen von Zeitungen oder Zeitschriften hat es bei uns bisher nicht gegeben. Wir hoffen, dass wir das auch in Zukunft vermeiden können“, betont Vorstands-Chef Döpfner, ohne dabei verbindliche Zusagen zu formulieren.
Denn im Flurfunk der Hamburger Springer-Zentrale sind ganz andere Szenarien das Thema. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Hamburger Abendblatt und Welt nach dem Vorbild von Welt und Berliner Morgenpost „teilfusioniert“ werden könnten, um Personal einzusparen. Ein hoch gehandeltes Szenario: Die Hamburger Lokalredaktion der Welt könnte stark ausgedünnt werden, die Abendblatt-Kollegen den Lokalteil mitfüllen. Im Gegenzug könnte die Berliner Welt-Redaktion das Hamburger Abendblatt mit überregionalen Artikeln versorgen.