: Fließend Warmwasser in der Elbe
Auch Hamburg legt sich einen Wärmelastplan zu: Der Unterlauf der Elbe soll ab dem kommenden Jahr vor Überhitzung geschützt werden. Wärmer als 30 Grad darf dann nicht mehr sein, was Industrie und Kraftwerke einleiten
Ab Neujahr ist die Tideelbe vor Überhitzung weitgehend geschützt. Der Hamburger Senat verabschiedete am Dienstag einen so genannten Wärmelastplan für den Unterlauf des Flusses. Zwischen dem Stauwehr Geesthacht und der Elbmündung bei Cuxhaven wird damit die Einleitung von erhitztem Kühlwasser durch Industriebetriebe beschränkt. Die beiden Anrainer Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben den Plan bereits akzeptiert.
Für diese Novelle der seit 1973 geltenden Bestimmungen sei es „höchste Zeit“ gewesen, begründet die grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk die Regelung. Dadurch solle das Ökosystem des Flusses insgesamt besser geschützt werden. Zudem könne der in heißen Sommern übliche Sauerstoffmangel vermieden werden, der wiederholt zu Fischsterben geführt hatte.
Künftig dürfen große Einleiter – zu denen zum Beispiel die Atomkraftwerke Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel gehören – die Elbe um höchstens drei Grad erwärmen, aber nicht über 28 Grad. Bislang galten 35 Grad als Obergrenze. Für kleinere Betriebe gilt eine Höchstgrenze von 30 Grad an der Einleitungsstelle. Bei anhaltend hohen Temperaturen in den Sommermonaten kann es somit zur Drosselung oder gar Stilllegung des Betriebs kommen. Das Gleiche gilt, wenn der Sauerstoffgehalt im Elbewasser die für Fische lebenswichtige Mindestkonzentration von sechs Milligramm pro Liter unterschreitet.
Der Wärmelastplan tritt zum 1. Januar 2009 in allen drei Bundesländern in Kraft. Ausnahmen gelten nur für zwei Hamburger Unternehmen: Die Norddeutsche Affinerie muss die Grenzwerte erst zum 31. Dezember 2012 einhalten, die Raffinerie Holborn hat sogar noch ein Jahr länger Zeit. Beide Firmen nähmen in einem Fünfjahres-Rhythmus umwelttechnische Neuerungen vor, erklärt Hamburgs Umweltbehörde. Diesen sollten sie beibehalten dürfen.
Der Wärmelastplan „stellt nur ein Minimum zum Schutz der Elbe dar“, kritisierte der Geschäftsführer des Naturschutzbundes (NABU), Stephan Zirpel. Gerade die geplanten weiteren Kraftwerke hätten fatale Folgen für das Ökosystem Elbe und insbesondere die Fische.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Christian von Boetticher (CDU) hatte vorige Woche die Zustimmung des Kieler Kabinetts zum Wärmelastplan trotz energiepolitischer Vorbehalte erläutert: „Sollten die Kernkraftwerke abgeschaltet werden, braucht Schleswig-Holstein neben Windkraft weitere neue Energiequellen.“ Und das müssten Kohlekraftwerke sein, von denen auf schleswig-holsteinischer Seite vier im Raum Brunsbüttel in der Planung sind. Zugleich wolle die CDU-SPD-Koalition aber sicherstellen, sagte von Boetticher, „dass den Fischen in der Elbe durch die geplanten Kohlekraftwerke nicht die Luft ausgeht“.
Die bisherige Regelung war vor 35 Jahren in Kraft getreten – zu einem Zeitpunkt, als der bereits längst wieder stillgelegte Atomreaktor Stade gerade in Betrieb ging – und als noch kein Mensch gleich von mehreren Kohlemeilern an der Elbe schwärmte. SVEN-MICHAEL VEIT