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Archiv-Artikel

„Wir erwarten eine unverzügliche Antwort“

Jörg Frank, Geschäftsführer der grünen Ratsfraktion in Köln, über die Versäumnisse der rot-grünen Bundesregierung im Umgang mit den EU-Richtlinien bei der Auftragsvergabe zum Bau der Niehler Müllverbrennungsanlage

taz: Herr Frank, was verspricht sich die Ratsfraktion der Kölner Grünen von ihrem Brief ans Auswärtige Amt?

Jörg Frank: Wir erwarten von der rot-grünen Bundesregierung und in diesem Fall vom Auswärtigen Amt eine unverzügliche Antwort an die zuständige EU-Kommission. Die Bundesregierung soll darstellen, wie sie das Verfahren der Auftragsvergabe zum Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage bewertet, die offensichtlich nicht den EU-Richtlinien entsprach.

Mit dem Brief richten die Kölner Grünen auch Kritik an Ihre Parteikollegin Kerstin Müller. Haben die Grünen auf Bundesebene hier etwas versäumt?

Das liegt einzig und allein an den Zuständigkeiten. Kerstin Müller ist Staatsministerin im Auswärtigen Amt, und das ist für EU-Angelegenheiten zuständig. Der Brief wäre auch an Sozialdemokraten in dieser Position gegangen. Dazu kommt, dass Kerstin Müller als Kölner Bundestagsabgeordnete die Vorgänge um die MVA sehr gut kennt.

Warum ist Ihres Erachtens seitens der Bundesregierung noch nicht geantwortet worden?

Die Gründe liegen in der unterschiedlichen juristischen Auslegung. Es gibt Stimmen, die sagen, dass eine europaweite Ausschreibung nicht notwendig gewesen ist. Andere kommen zu dem Schluss, dass genau das erforderlich gewesen wäre. Als Grüne wissen wir natürlich, dass der Vorgang der Bundesspitze der Sozialdemokraten nicht angenehm ist. Die Bundes-SPD möchte – und das hat sie schon zu Beginn des Spendenskandals gezeigt – die korruptiven Vorgänge um die MVA kleinkochen und runterspielen. Das ist natürlich nicht haltbar, denn Köln ist einfach ein unrühmliches Beispiel dafür, dass Korruption auf kommunaler Ebene flächendeckend möglich war.

Was passiert, wenn die Bundesregierung trotz der Fristverlängerung nicht antwortet?

Dann könnte die EU ein Verfahren eröffnen und gegebenenfalls gegen die Bundesregierung klagen und den Konflikt auf juristischer Ebene fortführen. Die EU reagierte auf die Kritik Kölner Bürgerinitiativen und wertet die ausgebliebene Ausschreibung als einen Verstoß gegen die geltenden Richtlinien für EU-weite Ausschreibungen.

INTERVIEW: WOLFGANG JORZIK