daumenkino : Dawn of the Dead
Die Parallele von Apokalypse und Sommerschlussverkauf hatte George A. Romero schon 1978 sehr treffend gezogen. „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, werden die Toten auf der Erde wandeln.“ In „Dawn of the Dead“, dem Mittelstück seiner Zombie-Trilogie, an die jetzt ein Remake von Zack Snyder anknüpfen will, waren die Unterschiede zwischen Konsumzombies und echten Untoten bereits nicht mehr feststellbar. Sie alle trieb es in einer einzigen großen Bewegung hin zur Shopping-Mall, in der sich die Überlebenden vor dem letzten Ansturm der Unterprivilegierten dieser Welt verrammelt hatten.
Seitdem ist viel passiert: Der Kapitalismus hat als Gesellschaftsform endgültig den Siegeszug angetreten, Kolonialismus wurde durch den sanfteren Neoliberalismus ersetzt und auch die Architekturlogik von Shopping-Malls hat sich in den letzten fünfundzwanzig Jahren durchgesetzt. Was Ende der Siebziger von Kritikern noch entgeistert als architektonischer Super-GAU bezeichnet wurde, ist heute den Bewohnern der amerikanischen Vorstädte nur recht und billig. Romeros Zombies hatten die Vorzüge von Malls als Erste erkannt: Das Angebot in den Geschäften und Schaufenstern ließ keine Wünsche mehr offen; vor allem ihrem Bedarf an großen Massen von Menschenfleisch kam diese Architektur entgegen. „Warum zieht es sie nur alle an diesen Ort?“, fragte einer der letzten Menschen in Romeros Original. „Keine Ahnung“, meinte ein anderer, „vielleicht ihre Erinnerung? Instinkt?“
Das war böse, böser als jede einzelne Sekunde blutrünstigen Gemetzels in Zack Snyders instinktlosem „Dawn of the Dead“-Remake. Znyders Film zitiert diesen Satz aus dem Romero-Film, aber im Grunde hat er das Original nicht mal im Ansatz verstanden. Romeros satirische Seitenhiebe auf die Konsumgesellschaft gehen im Trommelfeuer blitzschneller Zombieattacken unter. Aus den traurig-schlurfigen Untoten sind superaggressive Kampfmaschinen geworden, denen nichts Menschliches mehr zu Eigen ist. So macht das Abschlachten gleich doppelt so viel Spaß, inklusive eines Zombie-Babys. Ist doch eh alles egal. Wenn in der Hölle kein Patz mehr ist, pfeifen wir hier oben gleich auf die Moral.
Dieser „Dawn of the Dead“ ist geschmacklos wie ein Café latte, mit dem sich die Ich-AG-Nahkämpfer nach blutiger Schlacht die Großmäuler ausspülen. Bei Romero sind sie danach wenigstens noch mit Einkaufswagen shoppen gegangen. Immerhin eins muss man Znyder lassen: Seine Ouvertüre gehört zu den schrecklichsten zehn Minuten der Filmgeschichte. Nie hat die amerikanische Suburbia unverhohlener ihre apokalyptische Fratze gezeigt. ANDREAS BUSCHE
„Dawn of the Dead“, Regie: Zack Snyder. Mit Sarah Polley, Ty Burrell u. a. USA 2004, 95 Min.