: In der Villa Reitzenstein ist nur Platz für einen
Kronprinz und -prinzessin der Stuttgarter Landesregierung liegen im Streit. Doch will Erwin Teufel überhaupt gehen?
Der neue Hausherr der Villa Reitzenstein, Amtssitz des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, könnte der alte sein. Erwin Teufel (64), dienstältester Amtsinhaber Deutschlands, versteht sich auf Erbfolgekriege. Wenn, drohte er auf dem Landesparteitag der Südwest-CDU Ende März, öffentlich um seinen Posten gezankt werde, dann bleibe er ganz einfach – über die Wahl 2006 hinaus. Und Teufel, skandalfrei, erzkonservativ katholisch, meint, was er sagt. Als um die Landtagswahl 2001 herum alle seiner nach zehn Jahren entnervten potenziellen Nachfolger über den geeignetsten Rücktrittstermin ihres Parteichefs nachdachten, erklärte dieser punktum, er werde volle fünf Jahre regieren und weder zur Halbzeit noch sonst vorzeitig in den Ruhestand gehen.
Vor allem Fraktionsvorsitzender Günther Oettinger (50) hatte zu heftig nach der Krone gelangt und war deshalb bei Teufel in Ungnade gefallen. Oettinger festigte seither beharrlich seine Position. Er führt seit Dezember 2001 den größten CDU-Bezirk Nordwürttemberg und ist damit der zweitmächtigste Mann in der Landes-Union. Er galt lange als der ewige Kronprinz des „ewigen Erwin“. Mittlerweile vermeidet der Protestant Oettinger zwar öffentliche Konflikte, übt aber dennoch Druck aus und lässt immer wieder unmissverständlich wissen, dass er bereit sei: „Wenn Teufel abtritt, muss ich antreten.“ Der Partei hatte er nach heftiger Kritik an der dominanten Landtagsfraktion schon 2001 mehr Mitbestimmung bei der Kandidatenkür versprochen.
Teufel verweigerte sich der Debatte über seine Nachfolge bisher standhaft. Als seine Wunschkandidatin gilt, wenn nicht er selbst, inoffiziell Kultusministerin Annette Schavan (48). Die gläubige Katholikin profitierte politisch davon, dass sie für das Amt der Bundespräsidentin vorgeschlagen worden war. Sie hält sich auch diesmal vornehm zurück. Sie wolle, sagte sie, „nicht jetzt schon Spuren legen“. Schavan habe aber durchaus ehrgeizige Ambitionen und setze gegen Oettinger und seine Landtagsfraktion vor allem auf das Wohlwollen der Landespartei – so kolportierte es pikanterweise vor kurzem ein führender Kopf des Koalitionspartners FDP.
Teufel sind solche Spekulationen eher zuwider. Deshalb überraschte seine zwar immer wieder geforderte, aber dennoch unerwartete erste Stellungnahme zu den neuen Nachfolgekämpfen. Er werde sich, kündigte er kryptisch an, schon „rechtzeitig“ genug äußern. Dass er seit Amtsantritt 1991 regelmäßig die vorher absolute Mehrheit der Union im Land verloren hatte, könnte ihm durchaus Motivation genug sein, es noch einmal zu versuchen. Dank seiner liege die CDU schließlich bei den Umfragen derzeit über 52 Prozent. Triebfeder könnte auch sein, dass die Landespartei ihn im Dezember mit nur 74,3 Prozent als Vorsitzenden bestätigte. Dieses magere Ergebnis rechnet Teufel Oettinger zu. Den sprach er zwar nicht direkt an, meinte ihn aber, als er tadelte, Politik dürfe nicht „als Ich-AG“ betrieben werden. Viele der Delegierten nahmen es ohne Murren hin, andere ballten die Faust nur in der Tasche.
Personaldebatten zur Unzeit nützten, sagte Teufel noch, nur den politischen Gegnern. Die SPD weiß jetzt schon genau, wer sie in den Wahlkampf führen soll. Die Parteivorsitzende Ute Vogt (39) wäre gerne die Neue, egal, ob der Alte bleiben oder gehen will. HEIDE PLATEN