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Archiv-Artikel

SPARKASSEN: ES WIRD NICHT ALLES SCHLECHT, WAS KOMMT Die Eigentümer sollen entscheiden

Die Sparkassen gehören zum Deutschlandklischee wie das Vereinsleben und die Schrebergärten. Nicht umsonst gilt der Sparkassenangestellte als grundsolides Gegenbild zum geldgeilen Banker. Während diesen in den Frankfurter Glastürmen als einziges Geschäftsprinzip die Ausrichtung hergekommen istauf den schnellen Profit und den Shareholder-Value unterstellt wird, gilt der Mann von der Sparkasse als dem Heimatstädtchen und dessen Handwerkern und Bürgern verpflichtet.

Und nun soll angeblich Bundesfinanzminister Eichel, zumindest optisch der Prototyp des Sparkassenfilialleiters, das rote „S“ aus den Städten vertreiben wollen. So deuten manche das Ergebnis des von Eichel in Auftrag gegebenen Gutachtens zur möglichen Privatisierung der Sparkassen. Das DIW will die Sparkassen auch für private Investoren öffnen. Auch Eichels Staatssekretär Caio Koch-Weser hatte sich entsprechend geäußert.

Übernehmen nun Ackermann & Co. die Macht? Wird künftig kein kleiner Handwerker mehr einen Kredit bekommen? Droht gar das Ende des Wettbewerbs, weil nur Sparkassen- und Landesbanken den Mittelstand mit den nötigen Finanzspritzen versorgen? Dieses Horrorszenario malt der Sparkassendachverband – und übertreibt damit arg.

Zwar haben die deutschen Großbanken in der Tat in der Vergangenheit das Filialgeschäft eher als teure Lästigkeit abgetan. Aber etwa die Citibank zeigt, dass durchaus mit dem ganz normalen Kunden Geld zu verdienen ist. Das sehen auch andere europäische Banken so, die sich für die Sparkasse in Stralsund interessiert haben. Die Kommune wollte sie verkaufen, um den Erlös in Schulen und Kindergärten zu stecken, doch den Verkauf hatte das Land Mecklenburg-Vorpommern verhindert. Ob ein privater Investor für die Stadt und ihre Wirtschaftsstruktur langfristig tatsächlich ein besserer Weg ist, bleibt offen. Doch nicht die Besitzstandswahrer sollten darüber entscheiden, sondern die Ratsvertreter, die ihre Abwägung vor ihrem Gewissen und ihren Wählern verantworten. Die Möglichkeit dazu sollten sie haben – und einfordern.

STEPHAN KOSCH