Europa und Mercosur auf Annäherungskurs

Beobachter sehen in EU-Angebot versuchte Aufweichung der Entwicklungsländerfront bei WTO-Verhandlungen

BRÜSSEL/BERLIN taz ■ Die EU und der südamerikanische Handelsblock Mercosur sind sich bei ihren Verhandlungen über eine gegenseitige Öffnung ihrer Märkte offenbar näher gekommen. „Wir sind in einer entscheidenden Phase“, sagte Gregor Kreuzhuber, Sprecher von EU-Agrarkommissar Franz Fischler, gestern auf Anfrage der taz. Er bestätigte, dass ein Abkommen bis Oktober stehen soll.

Dies bedeute aber nicht, dass die Oppositionsfront der Entwicklungsländer bei den laufenden Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) mit den aktuellen Angeboten aufgeweicht werden solle. Dies seien „getrennte Verhandlungen“, sagte Kreuzhuber und verwies darauf, dass die EU schon seit langem parallel zur WTO mit dem Mercosur über ein bilaterales Abkommen verhandle.

Mit dieser Einschätzung reagierte er auf einen entsprechenden Bericht der Financial Times, nach dem die EU mit den Zugeständnissen Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay als Verbündete gewinnen will. Sollten sie die EU-Vorschläge annehmen, könne dies die Cairns-Gruppe, eine Koalition aus Agrarexporteuren ebenso sprengen wie die G-20-Gruppe, schreibt die Zeitung.

Das von Brasilien geführte Bündnis von großen Entwicklungsländern fordert in den laufenden WTO-Verhandlungen der Doha-Runde eine Öffnung der Agrarmärkte in den reichen Ländern und ein Ende der Landwirtschaftssubventionierung. Das neue Angebot sieht der Financial Times zufolge vor, dass die Einfuhrbeschränkungen für Zucker oder Rindfleisch gelockert würden. Insgesamt könnten ein Drittel aller Konzessionen im Agrarhandel mit dem Mercosur betroffen sein. Der Botschafter Brasiliens bei der EU, Jose Alfredo Gracia Lima, habe den Brüsseler Plan als „sehr innovativ“ bezeichnet.

Laut Kreuzhuber stehen die bilateralen Verhandlungen nur insofern in Zusammenhang mit den Gesprächen der Doha-Runde, als dass die Ergebnisse sich jeweils beeinflussen würden. Sollte auf WTO-Ebene eine Einigung erzielt werden, könne in den bilateralen Gesprächen nur noch über zusätzliche Abkommen verhandelt werden.

Er bestätigte, dass die EU bereit wäre, den Markt für „sensible Produkte“ wie Rindfleisch zu öffnen. Im Gegenzug sei Brüssel an einer leichteren Auftragsvergabe für europäische Firmen in Südamerika und mehr Freiheiten im Dienstleistungssektor interessiert. Über Zahlen hätten beide Seiten noch nicht gesprochen. STEPHAN KOSCH