: „Das Gold bewegt sich nicht“
Die Adlon-Affäre bringt zunehmend die Bundesbank selbst in Verruf – und wirft die Frage auf: Wozu braucht es die Bank noch? Finanzwissenschaftler Feldsieper über den Sitz im Zentralbankrat, die Verteilung von Flüssigem und die Behäbigkeit von Gold
INTERVIEW CHRISTIAN FÜLLER
taz: Herr Feldsieper, die Republik diskutiert aufgeregt darüber, ob der Bundesbankchef gehen soll, weil er sich das Hotelbett von den Falschen bezahlen ließ. Sollte man die Bundesbank vielleicht gleich ganz auflösen?
Manfred Feldsieper: Was ist denn das für eine absurde Idee? Die Bundesbank hat wichtige Aufgaben. Oder soll ein so wichtiges Wirtschaftsgebiet wie die Bundesrepublik im Euroraum etwa ohne Stimme sein? Nein, es gibt keinen Grund, die Bundesbank abzuschaffen.
Immerhin: Die Rolle als Währungshüterin hat sie an die Europäische Zentralbank abgetreten. Welche Aufgaben hat die Bundesbank noch?
Sie vertritt ein zentrales großes Mitgliedsland in der Währungsunion. Sie ist über ihren Präsidenten im europäischen Zentralbankrat vertreten. Da spielt sie für die Meinungsbildung der Geldpolitik in Europa eine ganz wichtige Rolle. Und dann hat sie selbstverständlich wichtige administrative Aufgaben.
Sie meinen, Bares bereitzustellen und damit den Geldverkehr flüssig zu halten?
Die Geldausgabe in Europa muss über die Fläche des ganzen Kontinents gesichert sein. Das geschieht alles dezentral, die EZB selbst hat ja nur rund 1.000 Mitarbeiter. Die tatsächlichen Geschäfte werden draußen in den Mitgliedstaaten abgewickelt. Das geht schlicht nicht ohne die nationalen Zentralbanken.
Braucht man dazu knapp 15.000 Mitarbeiter? Ist die Bundesbank überdimensioniert?
Ja, das stimmt. Aber ganz Europa reduziert bereits die Zahl seiner Zentralbankmitarbeiter. Wenn Sie die Jahresberichte der Zentralbank ansehen, werden Sie bemerken, dass auch die Behörde von Bundesbankchef Ernst Welteke damit begonnen hat. Die EZB wird – wie etwa die Federal Reserve Bank in den USA – rund 30.000 Beschäftigte europaweit halten. Auf die Bundesrepublik dürfte ein Drittel der Jobs entfallen, also etwa 10.000 Stellen. Das ist das Ziel, das bis 2007 erreicht werden soll.
Die Bundesbank verwaltet das Gold der Bundesrepublik. Sie fordern, die Goldreserven der Bundesbank aufzulösen. Fällt damit nicht ein weiterer wichtiger Job weg?
Na, das ist doch eine eher leichte Aufgabe. Das Gold liegt in den Tresorbunkern, es bewegt sich nicht, man muss es nur bewachen. Da braucht man vielleicht 20 Leute. Aber selbst wenn man das Gold verkauft, braucht man Mitarbeiter – denn das muss man ja sukzessive machen.
Dauert das so lange?
Als die USA ihrer Silbervorräte Zug um Zug abgebaut haben, brauchte das Schatzamt 100 Jahre, bis alles raus war. Ganz so lange würden wir fürs Gold nicht brauchen. Ich meine, 30 Jahre dürften dafür reichen.
Warum kann das Gold weg?
Weil die Goldbestände ein Relikt aus der Vergangenheit eines Währungssystems sind, das es nun seit 100 Jahren nicht mehr gibt. Heute spielt das Gold währungspolitisch so gut wie keine Rolle mehr.
Wenn die Bundesbank so wichtig ist: Gefährdet die Hotelbettaffäre die Unabhängigkeit der Bundesbank?
Menschen sind Menschen, und sie machen Fehler. Die Institution Bundesbank aber wackelt nicht, nur weil einer ihrer Chefs sich falsch verhalten hat. Wenn mehrere Bankchefs das hintereinander machten, vielleicht.
War es ein Fehlverhalten, auf Kosten derer eine luxuriöse Nacht zu verbringen, die man beaufsichtigen soll?
Besonders schlau war es nicht. Wir sollten aber langsam mal aufhören, die Sache zu sehr aufzubauschen.