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Archiv-Artikel

Bush: Bye-bye, roadmap

Der US-Präsident billigt Scharons Absicht, an großen israelischen Siedlungsgebieten im Westjordanland festzuhalten

von SUSANNE KNAUL

Der Alleingang von USA und Israel, die den Nahostkonflikt offenbar ohne Zutun der Palästinenser beilegen wollen, stößt zunehmend auf internationale Verurteilung. Vor allem aus den Reihen der Mitinitiatoren des jüngsten Friedensplans „Roadmap“ kam Kritik an der Absage an eine bilaterale Einigung. Der außenpolitische Koordinator der EU, Javier Solana, mahnte zu Verhandlungen der beiden Konfliktparteien. Nur so könne ein Frieden erreicht werden. Parallel kündigte der irische Außenminister Brian Cowen an, dass die EU „niemals einer Veränderung des bis 1967 gültigen Grenzverlaufs zustimmen wird“, es sei denn, die Änderungen würden von beiden Parteien akzeptiert.

Mit überraschender Begeisterung hatte US-Präsident George W. Bush am Mittwoch den Plan des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon begrüßt, der zum einen die komplette Aufgabe des Gaza-Streifens vorsieht, zum anderen jedoch an gut über der Hälfte des besetzten Westjordanlandes festhält. Angesichts der „neuen Realitäten, darunter die bereits existierenden Bevölkerungszentren im Westjordanland“, so Bush vor Journalisten, sei es „wirklichkeitsfremd, als Ergebnis der Endstatus-Verhandlungen die komplette Rückkehr zu der Waffenstillstandslinie von 1949 zu erwarten“. Der US-Präsident garantierte dem israelischen Gast ferner seine Unterstützung dafür, dass den palästinensischen Flüchtlingen das Recht auf eine Rückkehr in ihre heute in Israel liegende Heimat verwehrt bleiben wird. Gleichzeitig behauptete der US-amerikanische Präsident jedoch, an der Umsetzung der „Roadmap“ festzuhalten. Im vergangenen Juni hatten sich Scharon und sein damaliger palästinensischer Amtskollege Mahmud Abbas auf eine schrittweise Konfliktbeilegung, darunter das erklärte Ende von Gewalt und Besatzung, verpflichtet.

Auf palästinensischer Seite wird Bushs uneingeschränkte Zustimmung zum Scharon-Plan als Schlag ins Gesicht empfunden. Palästinenserpräsident Jassir Arafat drohte, dass die „israelischen Verbrechen mit mehr Widerstand konfrontiert werden, der die Besatzer, Herden von Siedlern dazu zwingen wird, das Land zu verlassen“. Arafat sprach von der Befreiung Jerusalems, der künftigen „Hauptstadt“ des palästinensischen Staates, und vom Rückkehrrecht der Vertriebenen.

Premierminister Ahmed Kurei (Abu Ala) stellte unterdessen einen Rücktritt von seinem Amt in Aussicht aus Protest gegen den ersten US-Präsidenten, der „die Siedlungen in den palästinensischen Gebieten legitimiert“. Bereits der seit Wochen in Israel debattierte einseitige Abzug aus dem Gaza-Streifen stieß bei der palästinensischen Führung nicht nur auf Wohlwollen. Abu Ala hatte wiederholt zu Verhandlungen und einer bilateralen Einigung aufgerufen. Aus den Reihen der Regierungspartei Fatah war die Warnung gekommen, dass die Palästinenser mit Blick auf die Machtübernahme im Gaza-Streifen durch unilaterale Schritte zu nichts verpflichtet seien. Dennoch galt die Umsiedlung weniger Tausend Israelis, die fast die Hälfte des Landes für sich beanspruchen, als tendenziell richtig. Die nun angekündigte gleichzeitige Festigung der Siedlungen im Westjordanland als eine Art Preis macht den Abzug zum gefährlichen Abenteuer.

Sorge äußerte der ägyptische Präsident Husni Mubarak, dessen Armee anstelle der israelischen Soldaten die Kontrolle in der Grenzregion übernehmen und vor allem den Schmuggel von Waffen unterbinden soll. Eine aufgezwungene Lösung könne nur auf Widerstand stoßen, warnte Mubarak. „Die Initiative muss gemeinsam mit den Palästinensern verhandelt werden.“

Der dem Weißen Haus vorgelegte Zeitplan sieht einen Abzug bis zum Sommer 2005 vor. Bei den bevorstehenden Detailverhandlungen zwischen Israel und den USA wird es auch um die Finanzierung des Projekts gehen. Zur Debatte steht die von Jerusalem genannte Summe von 5 Milliarden US-Dollar für die Neuansiedlung der aus dem Gaza-Streifen evakuierten Israelis. Die offensichtliche Unterstützung des Weißen Hauses treibt innerhalb Israels bereits Früchte. Scharon, der mit seinem Abzugsvorhaben in den vergangenen Wochen scharfer Kritik im eigenen politischen Lager ausgesetzt war, kann sich jüngsten Umfragen entsprechend für das innerhalb des Likud vorgenommenen Referendums Anfang Mai mehrheitlicher Rückendeckung sicher sein.