urdrüs wahre kolumne : Das war der Bürgermeister!
Dass der Flüchtling John Agbolete aus Togo und seine deutsche Frau jetzt allen Deportationsgelüsten herzkranker Rassisten im öffentlichen Dienst zum Trotz doch in Bremen die Hochzeitsglocken läuten ließen, ist ein wunderschöner Triumph menschlicher Beharrlichkeit. Hätten die altbösen Feinde von der Bürokratenfront jetzt noch die Größe besessen in kurzen Hosen zum Blumenstreuen vorbeizukommen, sie hätten sich von ihrer coronaren Insuffizienz heilen lassen können – so aber sehen wir für diese Elendsgestalten wirklich rabenschwarz in die Zukunft. Dem jungen Paar indessen alles Glück dieser Welt, trotz alledem!
Nachdem die Luigi Controlletis dieser Stadt und ihre Angriffe auf geschützte Daten durch die taz mit Fug und Recht ins Gerede gekommen sind, möchte ich allerdings das Hohe Lied auf einen dieser BSAG-Repräsentanten singen, der kürzlich auf der Linie 3 nach dem zweiten Kunden ohne Fahrausweis angesichts einer zitternden Fahrgästin aus mutmaßlich Gröpelingen erklärte: „Reg dich nicht auf, ich hab mein Soll erfüllt und für heute keinen Bock mehr!“ Derart Gerechte sind es, die dem Hass die Spitze nehmen.
In 30 Minuten eine Bombe entschärft – das meldet jetzt über die taz Bremen der Polizeisprengmeister Peter Seydel – ohne Rücksicht auf die sentimentalen Erinnerungen an Harry Warrelmann, der soetwas derartig effektvoll inszenierte, dass allen Bürgerinnen und allen Bürgern über Stunden Spannung und Nervenkitzel geboten wurde. Kein Wunder, dass es mit der sozialen Identität und dem Gemeinschaftsgefühl heute nicht mehr weit her ist: Entschärfung in 30 Minuten – das heißt doch „wieder mal am falschen Ende gespart“.
In Kleinstädten ist die bezaubernde Spezies der Klingelmäuschen immer noch mit der einschlägiger Brauchtumspflege beschäftigt, und als ich jetzt beim Vorabend-Fernsehkrimi vom Läuten der Haustür per Klingelstreich aus meinem Klitter-Klatter-Fachwerkhäuschen auf das historische Altstadtpflaster gelockt wurde, riefen mir zwei davonlaufende Knaben im Stimmbruch höchst glaubhaft zu: „Das waren wir nicht, das war der Bürgermeister!“ Genau das hatte ich mir schon gedacht ...
Nachdem der Doktor Motte in Berlin als Partykönig von seinen Zappelkindern und den Sponsoren gleichermaßen entthront wurde, war es ja nur noch eine Frage der Zeit, dass die Eventkulturisten in Hannover, Braunschweig und selbstverständlich Bremen auf den entgleisten Zug springen und den greisen Techno-Fürsten an die Spitze ihrer eigenen Narrenzüge locken würden. Sollte die hiesige Gemeindekasse dafür auch nur einen Cent investieren, darf herzlich gern der Blitz dem verantwortlichen Gesindel beim Abkacken assistieren. Falls diese Urinale aber aus privaten Taschen durchgezogen wird, hoffe ich auf eine Vision Parade mit Jens Eckhoff in Acryl geschnürt als BecksGold-Flasche beim Versuch, seinen senatorischen Kollegen von der Heißwasserfront als Diedschäine einzuheizen: „Dass wir die Bremer sind/das sieht doch jedes Kind.“
Überall liest man nur Negatives über den Tim Burton-Film „Big Fish“ und nach dreimaliger Sichtung dieses fabulös-sentimentalen Epos sieht sich aller zeitgeistiger Kritik zum Trotz zu einer dringlichen Empfehlung des Kinobesuchs schon an diesem Wochenende aus tiefer Liebe zu jedem von euch veranlasst
Ulrich „Scherenhand“ Reineking