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Archiv-Artikel

PRIVATISIERUNG VON KRIEGEN: ROHSTOFFKONTROLLEN REICHEN NICHT AUS Geld verdienen für den Frieden

Öl im Irak, Diamanten in Sierra Leone, Coltan im Kongo, Opium in Afghanistan: Bei jedem komplexen Konflikt der Gegenwart spielen Wirtschaftsinteressen eine Rolle. Die Privatisierung von Kriegen durch den Einsatz von Milizen und Söldnern – das ist Konsens der Konfliktforscher – geht einher mit der Privatisierung der per Krieg durchzusetzenden Interessen. Nun beschäftigt die Rolle der Privatwirtschaft bei Konflikten sogar den UN-Sicherheitsrat. Wenn private Interessen der Motor von Kriegen sind, liegt ein Schlüssel zur Überwindung von Konflikten darin, diese Interessen auch für den Frieden einzusetzen – und bei dessen Gestaltung spielt die UNO eine zentrale Rolle.

Bisher beschränkte der UN-Sicherheitsrat seine Anerkennung des Zusammenhangs von Krieg und Ökonomie auf einen Sonderfall, nämlich die Kriegsfinanzierung durch Rohstoffhandel. Er reagierte darauf instinktiv, nämlich mit Verboten, Regelwerken und Sanktionen, um diese Verknüpfung zu lösen. So dürfen Diamanten heute nur noch mit staatlichen Echtheitszertifikaten in den Handel kommen, weil manche Rebellen sich durch den Verkauf der Edelsteine finanziert haben. Ganze UN-Arbeitsgruppen sind damit beschäftigt, solche Verbote zu überwachen. Gelöst wird dadurch nichts. Denn Rebellen können einfach auf andere Einnahmequellen ausweichen, und Regierungen können mit dem Erlös aus Rohstoffexporten selber Krieg führen.

Die Debatte geht jetzt einen Schritt weiter. Frieden kann in einem kriegsverwüsteten Land nur greifen, wenn die Menschen Zukunftsperspektiven haben und Geld verdienen können. Das bedeutet, Investitionen ins Land zu holen – und zugleich den Bevölkerungen zu erlauben, ohne staatliche Gängelung ihre eigenen lokalen Wirtschaftskreisläufe wieder in Gang zu setzen. Ökonomische Interessen bedeuten eben nicht nur finstere Manöver undurchsichtiger Wirtschaftskonzerne. Auch das Überlebensinteresse einer Bauernfamilie ist ein ökonomisches Interesse. Progressive Wirtschaftspolitik nimmt den Kleinbauern genauso ernst wie den Großaktionär. DOMINIC JOHNSON