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Archiv-Artikel

Badeglück in der Weser: Mund zu und rein!

Früher war alles besser, natürlich auch das Wasser in der Stadt am Fluss. Doch seit einigen Jahren ist am Café Sand wieder High Life: Vor allem Kleinkinder planschen dort mit Wonne, ohne bleibende Schäden davon zu tragen. Denn die Weser ist zwar nicht porentief rein, aber sauber

„Wir haben den Referenten ins Wasser gejagt. Er hat es überlebt.“

taz ■ Es ist heiß. Sehr heiß. Schweißtreibend heiß. Nicht nur die Kinder werden quengelig und wollen ins Wasser: Den neuen Schnorchel ausprobieren, mit Klackermatsche werfen und erste Schwimmzüge probieren. Also auf zum Café Sand, wo die Weserwellen sanft auf den Sandstrand auflaufen, wo kleine Nackedeis mit Schwimmflügeln im Fluss planschen, und wo kühles Bier gezapft wird. Noch einen Liter Sonnenmilch auf die zarte Babyhaut geschmiert und die üblichen Ermahnungen: „Nicht zu weit ins Wasser!“, „Nicht dem Wauwau seinen Stock wegnehmen!“, „Auf keinen Fall den Sebastian unterduckern, der ist noch zu klein!“ Entspannt legen sich die Altvorderen aufs Handtuch, lauschen dem Glucksen der lieben Kleinen und freuen sich darüber, dass das Gute so nah liegt.

Das Gute? Sind die Lastkähne, die da durch die Weser tuckern nicht doch ein bisschen gefährlich? Und noch viel schlimmer: Was ist mit dem, was unsichtbar durchs Wasser dümpelt, all die unbekannten Bakterien und Schadstoffe? Kann man Kinder wirklich in einem Fluss, mitten in der Stadt baden lassen?

„Ja, überhaupt kein Problem“, kommt es ohne Zögern vom Sprecher des Bremer Umwelt-Senates, Holger Bruns. „Das ist völlig unbedenklich.“ Und dabei sei es egal, ob man am Café Sand ins kühle Nass hopst oder in Nienburg oder Holzminden: Die gesamte Weser sei zwar nicht porentief rein, aber so sauber und von Schadstoffen unbelastet, dass ein Bad nicht schadet.

Ende der Achtziger sah die Sache noch ganz anders aus. Kalisalze und Fäkalbakterien belasteten die Weser so stark, dass das Baden im Fluss über Jahre verboten war. „Die Wasserqualität besserte sich erst wieder, als die Kaliwerke in der ehemaligen DDR dichtgemacht wurden“, sagt Sönke Hofmann vom Bremer Naturschutzbund NABU. Gleichzeitig seien in Hessen riesige Speicherbecken angelegt worde, die den Salzzufluss in die Weser bremsten. Bremens Umweltsprecher Bruns fügt hinzu: „Wenig später wurden in ganz Deutschland große Summen in Klärwerke investiert.“

Der Sprung in die Weser beim Café Sand ist deshalb seit 1995 wieder offiziell erlaubt. Auch die Umweltbehörde habe die „Wiedereröffnung“ der Weser feierlich begangen, erinnert sich Bruns: „Wir haben damals den zuständigen Referenten der Behörde ins Wasser gejagt. Er hat alles heil überstanden.“

Ein gewisses Restrisiko bleibt allerdings. Michael Abendroth vom Umweltschutzverein BUND verweist auf die Gefahr der Bremer Notüberlauffsysteme. Bei starken Regenfällen gelange ein Teil der braunen Suppe aus der Kanalisation nicht ins Klärwerk, sondern direkt in denFluss. „Zwar misst die Stadt regelmäßig die Belastung mit Colibakterien“, so Abendroth. „doch das sind immer nur Momentaufnahmen.“ In Ausnahmefällen könne es durchaus zu einer überdurchschnittlich starken Belastung der Weser kommen. Mögliche Folgen: Durchfall und Hautprobleme.

Nicht immer ist klar, ob ein Symptom wirklich mit dem Bad in verunreinigtem Wasser zusammenhängt. Der Bremer Kinderarzt Bernward Fröhlingsdorf hatte erst in der vergangenen Woche so einen Fall: „Ein kleiner Junge hatte in der Weser gebadet und kam anschließend mit starkem Hautausschlag zu mir.“ Für Fröhlingsdorf ist das jedoch kein Grund zur Panik. Beim Baden sollten die Kurzen darauf achten, kein Wasser zu schlucken und nach dem Bad unter die Dusche steigen. „Wer ganz sicher gehen will, schickt seine Kinder ins Schwimmbad.“ Allerdings könne es auch hier zu allergischen Reaktionen gegen den Chlor kommen. Torben Waleczek

Unter www.umwelt.bremen.de veröffentlicht die Umweltbehörde die aktuellen Umweltdaten, darunter auch jede Woche neue Zahlen zur Belastung des Weserwassers.