Moschee-Besucher unter Generalverdacht

Am Freitag kontrollierte die Bochumer Polizei Besucher von zwei Moscheen ohne konkreten Anfangsverdacht. Es habe Hinweise auf gewaltbereite islamistische Extremisten gegeben. Moscheebesucher sind schockiert

BOCHUM taz ■ Am Freitag wurden hunderte Moschee-Besucher in Bochum unter Generalverdacht gestellt: Sie wurden auf dem Weg zum Freitagsgebet von der Polizei kontrolliert. Zur „vorbeugenden Terrorabwehr“ mussten rund 460 Muslime am Freitag Nachmittag ihre Ausweise zeigen. Bochums Polizeipräsident Thomas Wenner sprach von ernst zu nehmenden Hinweisen, dass sich gerade an diesen beiden Moscheen gewaltbereite islamistische Extremisten aufhalten. Einen konkreten Anfangsverdacht habe es jedoch nicht gegeben.

Die Polizei sperrte für die Aktion zwei Stadtviertel komplett ab. Wer den Bereich um die Moscheen herum verlassen oder betreten wollte, musste sich ausweisen. Die betroffenen Moschee-Besucher wurden mit einem deutschsprachigen Flugblatt über Grund und Ablauf informiert. „Wir sind schockiert“, sagt T. A., Mitglied der islamischen Gemeinde in Bochum. Jeder Gläubige hätte sich wie ein Schwerverbrecher fühlen müssen. Noch am späten Abend hätten die Beamten die Moschee nach versteckten Personen durchsucht – ohne Durchsuchungsbefehl. „Natürlich haben sie niemanden gefunden“, sagt T. A..

Diejenigen, die ohne Ausweis beten wollten, mussten der Polizei auf die Wache folgen, oft bis 22 Uhr und länger. „Für Menschen, die seit dreißig Jahren friedlich hier leben, ist das ungeheuerlich“, sagt T. A..

Die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum protestiert ebenfalls gegen den Polizeieinsatz. „In Bochum wurden nicht Terroristen, sondern 127 MigrantInnen verhaftet, die keine gültigen Ausweise vorzeigen konnten,“ sagt Knut Rauchfuss von der Organisation. Es sei nicht akzeptabel, dass Menschen, die oft in ihrem Herkunftsland verfolgt wurden, beim Freitagsgebet auf Uniformiertem und Maschinenpistolen blicken müssten.

Innenminister Fritz Behrens (SPD) rechtfertigt das Vorgehen der Bochumer Polizei. „Wir müssen alles daran setzen, dass wir bereits im Vorfeld von Anschlägen gefährliche Entwicklungen frühzeitig erkennen.“ Die Polizei gehe allen Spuren nach, um die weltweiten Verzweigungen der islamistischen Netzwerke aufzudecken.

In Nordrhein-Westfalen ist es die erste Aktion dieser Art, selbst die Arnsberger Bezirksregierung musste ihr Einverständnis geben. Polizeipräsident Wenner ist von der Generalkontrolle weiterhin überzeugt: „Das Ganze ist eine rein präventiv-polizeiliche Aktion“, sagte er. Schon seit längerem seien diese beiden Hinterhofmoscheen aufgefallen. Unter anderem habe einer der Attentäter der Terroranschläge in den USA eine der Moscheen seinerzeit mehrfach besucht. Der in Hamburg lebende Mann habe persönliche Beziehungen nach Bochum gehabt. Aber auch Polizeichef Wenner muss zugeben, das es bisher keine Ergebnisse gebe.

ANNIKA JOERES