: Die DDR verkauft sich gut
Patentesammler Manfred Jansen will sich das Emblem der DDR als Bildmarke sichern lassen. An der Wortmarke verdient er schon. Eine clevere Geschäftsidee – auf die aber auch andere kamen
VON BARBARA BOLLWAHN
Da lässt sich einer das Emblem aus Hammer und Ährenkranz des sozialistischen Arbeiter-und-Bauern-Staates schützen. Als Bildmarke. Und obendrein die drei mittlerweile historischen Buchstaben „DDR“. Als Wortmarke. Hä?, fragt man und reibt sich verwundert die Augen. Dann nix wie her mit dem Bundesadler und der „BRD“ – wer das auf Streichholzschachteln, Taschen oder Tassen druckt, muss zahlen. Denkste. Nach Paragraf 8 des Markengesetzes sind staatliche Hoheitszeichen von existierenden Staaten wie der BRD vom Markenschutz ausgenommen. Weil die DDR aber den Bach runtergegangen ist, kann jeder den Schutz der symbolischen Überreste beantragen – in diesem Fall Manfred Jansen aus Karlsruhe.
Der 52-jährige Einzelhandelskaufmann hat am 21. Februar dieses Jahres beim Patentamt den Schutz der Wortmarke „DDR“ beantragt. Damit hat er ihn aber noch nicht in der Tasche. Bis zum 21. Mai kann wiederum jeder Widerspruch dagegen einlegen. Doch Jansen ist zuversichtlich. Als er vor zwei Jahren den Markenschutz für das DDR-Emblem beantragte, kam ihm niemand in die Quere. Wie viel er mit der Marke „DDR“ verdient, die er „kultig“ findet, will Jansen nicht verraten. Nur so viel: „Ich bin bescheiden und kann gut davon leben.“ Jansen schreibt große Hersteller von T-Shirts oder Tassen an und fragt sie, wie viel ihnen eine Lizenz wert wäre. Sein Motto dabei, das betont er: „Leben und leben lassen.“
Auskunftsfreudiger zeigt er sich bei der Aufzählung weiterer Marken, die er sich hat schützen lassen, um Lizenznehmer zu finden: Da ist die FDJ ebenso dabei wie der DFV (Deutscher Fußball-Verband der DDR), 1. FC Lokomotive Leipzig oder auch die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED). Angefangen hat Jansen mit seinen Lizenzgeschichten vor einigen Jahren im Westen. Mit der Schinkenstraße am Ballermann 6 auf Mallorca. Wenn CDs oder T-Shirts mit dem Namen „Schinkenstraße“ rauskommen, will er mit von der Partie sein. Mittlerweile, sagt er, laufe das Geschäft gut. „Jetzt kommt monatlich was rein.“
Die 300 Euro, die Jansen der Markenschutz von „DDR“ und dem Emblem gekostet hat, schmerzen ihn also nicht wirklich. Doch Jansen ist nicht der Einzige, der mit dem, was vom realen Sozialismus übrig blieb, Geschäfte machen will. Schneller als er war beispielsweise ein türkischer Geschäftsmann aus Essen, der sich 2002 die Wortmarke „DDR“ für Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild bis hin zu Speiseölen- und Fetten hat schützen lassen. Im vergangenen Jahr sicherte sich „Mondos Arts“, ein Internetversandhaus von DDR-Produkten, das nach der DDR-Kondommarke „Mondos“ benannt ist, die Marke „DDR“ für Schmuck und Druckereierzeugnisse. Wieder ein anderer hat „DDR“-Markenschutz für Waschmittel, Parfüm, Schuhwaren, Kopfbedeckungen und Zahncreme erworben.
Das Patentamt freut sich über die Gebühren, und die Herren kommen sich nicht ins Gehege. Denn für jeden Markenschutz gibt es 45 verschiedene Klassen, und jeder „DDR“-Schützer hat „seine“ Kategorien. Jansen konzentriert sich auf Produkte wie T-Shirts, Taschen, Tassen, Feuerzeuge und Tonträger.
„Grundsätzlich ist alles zum Schutz anmeldbar, und alles wird geprüft“, sagt Diane Nickl, Pressesprecherin des Deutschen Patenamts in München, das seit 1877 existiert. „Ob es dann aber geschützt wird, ist eine andere Frage.“ Nickl weist darauf hin, dass es durchaus „schutzunfähige“ Namen gibt. Schutzunfähig ist, was Waren oder Dienstleistungen beschreibt. Ein Gemüsehändler beispielsweise, der Äpfel verkauft, kann sich den Namen „Apple“ nicht schützen lassen, ein Computerhersteller schon.
Der Fantasie oder Einfältigkeit, je nachdem, sind beim Markenschutz kaum Grenzen gesetzt. So gibt es im Zusammenhang mit der DDR geschützte Begriffe wie „DDR-Funpark“, „Planet DDR“, „Good bye DDR“, „(S)ex DDR Rebell“ oder „50 Jahre DDR“. Von 2002 bis 2003 stieg nach Angaben des Patentamts die Zahl der Markenanmeldungen von 58.000 auf 62.000.
Widerspruch gegen einen beantragten Markenschutz darf nur der geltend machen, der ältere Markenrechte besitzt. Um der DDR ihre Totenruhe zu gönnen, müsste also jemand einen Antrag auf Löschung der Marke „DDR“ beim Patentamt stellen. Aber das kostet. Nämlich 300 Euro. Legt man die hin, prüfen drei Juristen aus der Löschungsabteilung, ob die Gesetze bei der Markenvergabe richtig angewandt wurden. Sollte sich herausstellen, dass die Prüfer ihren Auslegungsspielraum falsch ausgeschöpft haben, erstattet das Patentamt die 300 Euro zurück.