: Was Spätburgunder von Pinot Noir unterscheidet
Die Weinhandlung Hardy in Dahlem ist spezialisiert auf Burgunder- und Loireweine. Besitzer Philippe Schreiber hat lange in Paris gelebt. Teil 9 der Serie über Berliner Weinläden
Das Leben eines Weinhändlers kann manchmal ziemlich anstrengend sein. Während der traditionellen Verkostung von jungen Burgunderweinen zum Beispiel. Jeden Abend mit Bauern aus Chassagne-Montrachet und Händlern aus Tokio bei Austern und Boeuf bourguignonne über Chablis und Pinot Noir philosophieren – und dann am nächsten Morgen um neun schon wieder Weine verkosten. „Das kann man nur machen, solange man die 35 noch nicht überschritten hat“, sagt Philippe Schreiber von der Dahlemer Weinhandlung Hardy.
Inzwischen ist Schreiber 41 und hat sein Verkostungsprogramm deutlich eingeschränkt. Dennoch besucht er die meisten Winzer immer noch selbst. Fast schon zu Hause ist er auf der Domaine de la Folie. Die liegt in der Burgunder-Appellation Rully und ist seit 200 Jahren im Besitz der Familie Bouton.
Hier hat Schreiber Mitte der 80er-Jahre sein erstes Praktikum gemacht, bevor er dann an der Pariser Sorbonne Ökonomie und in Bordeaux Weinwirtschaft und Weinrecht studierte. Hier hat er aber auch erfahren, wie hart das Geschäft in Burgund sein kann. Als vor wenigen Jahren ein Familienmitglied bei den Weinen zu viel Experimente wagte, waren diese praktisch nicht mehr zu verkaufen. „Man sagte, er habe den Geschmack verloren, Weine durfte er nicht mehr machen.“ Auch aus diesem Grund entschied Schreiber sich, Weinhändler zu werden – und nicht Winzer.
Philippe Schreiber ist Weinhändler in der zweiten Generation, was in Berlin eher selten ist. Bereits 1961 hatte sein Vater Eberhard die Weinstube Hardy an der Oper eröffnet, 1974 folgte dann eine Weinhandlung in Schmargendorf. Die zog zu Beginn der 90er in die Dahlemer Thielallee um – nur wenige Schritte von der Freien Universität entfernt. Zugleich entstand das „Raritäten Cabinet“, in dem gereifte Weine vor allem aus Bordeaux angeboten werden.
Nach Aufenthalten in England, den USA und Australien übernahm Philippe Schreiber im Jahr 1993 die Weinhandlung Hardy von seinem Vater. Angefangen hat er mit 80 Weinen. Heute sind es 500, die Mehrzahl mit Preisen zwischen 6 und 15 Euro. Neben Burgund liegt ein zweiter Schwerpunkt bei Produkten von der Loire, aus diesem Anbaugebiet führt Schreiber stets zwischen 45 und 50 Weine. Doch es ist nicht einfach, die Weine dieses Weißweingebiets Kunden zu verkaufen, die an Bordeaux und Burgunder gewöhnt sind. Schreiber: „Die besten Loire-Weine sind oft knochentrocken oder aber süß. Sie sind eigenwillig, man muss sie langsam kennen lernen.“ Als „Einsteigerwein“ empfiehlt der Weinhändler deshalb einen Chenin Blanc der biodynamisch wirtschaftenden Domaine de la Garrelière, der Noten von Honig und gekochten Äpfeln aber auch von Laub zeigt.
Immer breiter wird Hardys Angebot an deutschen Weiß- und Rotweinen. Und hier kann man mit zwei Weinen vom Kaiserstuhl eine ganz besondere Weinprobe machen. Winzer Holger Koch produziert nämlich nicht nur Spätburgunder, sondern auch Pinot Noir. Wer nun meint, dass dies doch nur zwei Namen für ein und dieselbe Rebsorte seien, kann sich von Philippe Schreiber erklären lassen, dass es sich um zwei verschiedene Klone einer Sorte handelt: „Der Spätburgunder hat große Beeren und muss früh geerntet werden, die Beeren des Pinot Noir sind viel kleiner und sie können länger reifen.“
Und dieser Unterschied zeigt sich dann auch im Geschmack. Beide Weine sind frisch und klar, doch der „Franzose“, der Pinot Noir, ist intensiver und finessenreicher als der deutsche Spätburgunder. Zurückweisen muss man jedoch keinen der beiden.
SABINE HERRE
INFOS IM ÜBERBLICK
Der Weinladen: Weinhandlung Hardy, Thielallee 29, 14195 Berlin, U-Bahn-Stationen Dahlem-Dorf oder Thielplatz, www.hardy-weine.de, Tel. 8 31 25 98, Öffnungszeiten: Mo.–Fr. 10–13 und 14–20 Uhr, Sa. 10–16 Uhr
Das besondere Angebot: Hardy führt nicht nur eine große Auswahl an Cognac, sondern auch die dazu passenden Glaskaraffen.
Der Weintipp von Philippe Schreiber: 2005er Anjou-Villages-Brissac, Domaine des Rochelles, 10 Euro. „Dieser typische Loire-Wein besteht zu 80 Prozent aus Cabernet Franc und zu 20 Prozent aus Cabernet Sauvignon. Ersterer gibt dem Wein Finesse und Weichheit, die zweite Rebsorte ist für das Rückgrad zuständig. Der Wein duftet nach Kirsche und Veilchen und man kann ihn zu Rinderbraten oder Steaks trinken – oder ganz einfach so.“
Der nächste Teil der taz-Serie über Berliner Weinläden erscheint am 27. Januar.