: Hausarztbesuch ersetzt Praxisgebühr
Krankenkassen wollen künftig Hausarztmodelle anbieten: Wer immer zum gleichen Arzt geht, kann die 10 Euro pro Quartal sparen. Kostspielige Doppeluntersuchungen können so vermieden werden. Gesundheitsministerium begrüßt den Plan
AUS BERLIN ANDREAS SPANNBAUER
Viele Versicherte können sich die Praxisgebühr bald sparen. Mehrere große Krankenkassen wollen noch in diesem Jahr ein Hausarztmodell anbieten. Wer stets zum gleichen Arzt geht, der muss die Gebühr in Höhe von 10 Euro pro Quartal nicht mehr bezahlen.
Zu den Kassen, die das Hausarztmodell einführen wollen, gehören neben der AOK die Barmer Ersatzkasse, die DAK, die Techniker Krankenkasse und die Gmünder Ersatzkasse. Die Barmer teilte am Wochenende mit, sie habe bereits einen entsprechenden Vertrag mit dem deutschen Hausärzteverband abgeschlossen.
Wer am Hausarztmodell teilnehmen möchte, muss sich bei seiner Krankenkasse verpflichten, im Krankheitsfall zunächst stets seinen Hausarzt aufzusuchen. Eine Ausnahme gilt in Notfällen. Bei Bedarf kann der Hausarzt den Patienten dann an einen Facharzt überweisen.
Für die Krankenkassen lohnt sich das Modell: Kostspielige Doppeluntersuchungen werden vermieden. Aber auch der Patient könnte profitieren, weil der Hausarzt mit der Krankengeschichte vertraut ist und zielsicherer diagnostizieren kann. Außerdem verhindert das Modell, dass verschiedene Ärzte einen gefährlichen Mix von Medikamenten verschreiben.
„Der Hausarzt ist der Arzt des Vertrauens“, sagte eine Barmer-Sprecherin gestern der taz. Die Qualität der ärztlichen Versorgung leide durch das Hausarztmodell keinesfalls. Ärzte, die daran teilnehmen, müssen sich regelmäßig fortbilden. Über Qualifikationsstandards verhandelt die Barmer derzeit mit dem Hausärzteverband.
Die freie Arztwahl wird durch das Hausarztprogamm nicht beeinträchtigt. Wer an der Diagnose seines Hausarztes zweifelt, hat immer noch die Möglichkeit, einen zweiten Allgemeinarzt aufzusuchen oder sich gleich zum zuständigen Facharzt überweisen zu lassen. Wer diese Möglichkeit für sich beanspruche, könne im Anschluss weiterhin am Hausarztmodell teilnehmen, so die Barmer-Sprecherin. Der FDP-Gesundheitspolitiker Detlef Parr hatte dagegen beklagt, durch das Hausarztmodell werde die Freiheit der Arztwahl eingeschränkt.
Schon bisher gab es vereinzelt Befreiungen von der Praxisgebühr. So können Diabetes- und Brustkrebskranke, die bei der Berliner AOK versichert sind, schon jetzt die 10 Euro sparen, wenn sie an speziellen Behandlungsprogrammen teilnehmen. Nun wird geprüft, ob diese Regelung künftig auch für Herz-Kreislauf-Kranke angeboten wird. In Baden-Württemberg führt die AOK derzeit einen Modellversuch durch, an dem sich mehr als 100 Ärzte beteiligen.
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) unterstützt die Pläne der Kassen. „Wir begrüßen diese Initiativen, weil sie dem Hausarztmodell zum Durchbruch verhelfen“, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums. „Die Qualität steigt, und die Beiträge werden effizienter verwendet.“ Im Gesetz zur Gesundheitsreform ist das Hausarztmodell ausdrücklich vorgesehen.