Entsetzen über Mord an Rantisi

Israels Anschlag auf den Hamas-Führer wird weltweit kritisiert. Ungeachtet dessen kündigt israelische Regierung weitere Tötungen an. Kofi Annan fordert „unverzüglichen Stopp“

GAZA/WASHINGTON afp ■ Die gezielte Tötung von Hamas-Chef Abdel Asis Rantisi ist weltweit einhellig verurteilt worden und hat in der arabischen Welt einen Aufschrei der Empörung verursacht. Die USA äußerten sich nach Angaben des Weißen Hauses am Samstag „ernsthaft besorgt“ über die Lage im Nahen Osten, billigten Israel jedoch das Recht auf Selbstverteidigung zu. UNO und EU nannten Rantisis Tötung durch einen israelischen Luftangriff in Gaza illegal, die Arabische Liga sprach von „Staatsterrorismus“.

Hunderttausende Palästinenser geleiteten Rantisi gestern in Gaza zu Grabe. Israel kündigte die Fortsetzung der gezielten Tötung von Extremisten an. Rantisi erlag am Samstagabend den Verletzungen, die er bei dem Luftangriff erlitten hatte.

Der 56-jährige Hamas-Hardliner starb nur dreieinhalb Wochen nachdem er die Nachfolge des ebenfalls bei einem Luftangriff ermordeten Hamas-Gründers Scheich Ahmed Jassin angetreten hatte.

Israels Regierungschef Ariel Scharon kündigte die Fortsetzung seiner Politik an, die einerseits den Friedensprozess voranbringen und andererseits „terroristische Organisationen und ihre Führer“ treffen solle. Nach den Worten des israelischen Ministers für Parlamentsangelegenheiten, Gideon Esra, muss auch der in Syrien ansässige politische Chef der Hamas, Chaled Maschal, mit seiner Tötung rechnen.

In Gaza begleiteten mehr als 200.000 Palästinenser in einem Trauerzug den Sarg mit Rantisis Leichnam vom Krankenhaus zu Rantisis Heimatort im Norden von Gaza. Die Hamas benannte einen neuen Führer, dessen Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt wurde.

Israel habe „das Recht, sich selbst zu verteidigen“, müsse aber die „Folgen seines Handelns bedenken“, erklärte das Weiße Haus in Washington. Washington sei nicht unterrichtet gewesen, sagte ein Regierungsvertreter. Die USA hätten „Israel sicherlich nicht irgendein grünes Licht gegeben“.

Nach Ansicht des palästinensischen Regierungschefs Ahmed Kurei ist die Tötung des Hamas-Chefs „direkte Folge der Ermunterung und der totalen Parteilichkeit“ der USA für Israel. Palästinenserpräsident Jassir Arafat erklärte, angesichts der „Barbarei der Besatzung“ werde der Widerstand nur stärker werden. Nach Ansicht des palästinensischen Außenministers Nabil Schaath kann es mit Israel unter Scharon keinen Frieden geben.

UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte einen „unverzüglichen Stopp“ der „ungesetzlichen Tötungen“. Ebenso wie die Bundesregierung, die EU, Russland und zahlreiche andere Staaten äußerte er die Befürchtung, dass „diese Aktion zu einer weiteren Verschlechterung der schon Besorgnis erregenden und brüchigen Lage“ führen werde.

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