AUSBILDUNGSABGABE: ABSURD, ABER EIN NOTWENDIGES EXPERIMENT : Selbstverpflichtung? Schon gescheitert
Teuer und umständlich – so lassen sich die Hauptargumente gegen die Ausbildungsumlage zusammenfassen. Stimmt. Aber es stimmt eben auch, was SPD-Chef Franz Müntefering ständig fragt: Und wo, bitte, bleibt der intelligente Gegenvorschlag? Es gibt ihn nicht. Die Unternehmer, die Union und einige SPD-Landesregenten haben zwar viel Kritik, aber keine Alternative zu bieten. Sie propagieren das Weiter-so-Prinzip und hätten gern wieder eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft. So schlicht.
Es sagt viel über die Machtstruktur in diesem Land, dass sich die Selbstverpflichtungsfreunde gar nicht erst bemühen, ihre Forderung auch noch mit ein paar stützenden Argumenten zu versehen. Sie ignorieren einfach, dass das Experiment als gründlich gescheitert gelten kann: Vier Jahre gibt es die Selbstverpflichtung der Wirtschaft schon, jeden Bewerber mit einem Ausbildungsplatz zu versorgen. Ergebnis: Derzeit müssen mindestens 167.400 Jugendliche damit rechnen, im Herbst keine Lehrstelle zu finden. Die bisherige Selbstverpflichtung ist ein derartiger Misserfolg, dass es sehr unwahrscheinlich scheint, dass das neue Gesetz dieses Debakel noch vergrößern könnte.
Daher ist es nur vernünftig, die Experimentanordnung zu verändern: ein bisschen gesetzlichen Zwang statt viele haltlose Versprechen. Diese Methode kann ebenfalls scheitern, klar. Aber sicher ist das nicht. Damit ist die Ausbildungsumlage schon eine Diskussionsrunde weiter als die Selbstverpflichtung: Sie scheitert definitiv.
Die Selbstverpflichtung hat bisher nur den Vorteil, dass sie billiger ist. 150 neue Mitarbeiter müsste der Staat einstellen, um die Ausbildungsumlage zu verwalten. Und besonders skandalös für die Kritiker: Ein paar dieser Behördenmitarbeiter säßen vielleicht überflüssig in ihren Büros, wenn die Firmen ausreichend Lehrstellen anbieten, um die Abgabe zu umgehen. Das klingt tatsächlich wie Absurdistan, aber so viel scheint nach vier Jahren erfolgloser Unternehmensversprechen festzustehen: billiger und weniger absurd sind Lehrstellen derzeit nicht zu haben. ULRIKE HERRMANN