: „Irak wird Ihnen gehören, Mr President“
Bob Woodward, Starreporter der „Washington Post“, rollt in einem neuen Buch die Vorgeschichte des Irakkrieges auf. Er berichtet von Zoff im Kabinett und einem Präsidenten, den CIA-Berichte über Iraks Waffenarsenale nicht überzeugten
VON STEFAN SCHAAF
„Das ist das Beste, was Sie vorweisen können?“ Ein skeptischer US-Präsident George W. Bush stellte diese Frage, nachdem CIA-Direktor George Tenet ihm im Dezember 2002 erstmals alle Geheimdiensterkenntnisse über irakische Massenvernichtungswaffen präsentiert hatte. „Netter Versuch“, sagte Bush und fuhr fort, so werde man die Bevölkerung kaum von der Gefährlichkeit des irakischen Regimes überzeugen.
Dies ist eine der Schlüsselszenen aus dem neuen Buch des Washington-Post-Reporters Bob Woodward, der darin den Prozess nachzeichnet, wie Bush und seine engsten Mitarbeiter den Krieg gegen Saddam Hussein planten, weil sie von den Waffeninspektionen der UNO nicht überzeugt waren. Jeweils drei Stunden interviewte er Bush und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, mit Außenminister Powell verbindet den Buchautor eine mehr als zehn Jahre zurückreichende Freundschaft.
Bush erläuterte, er habe sich befragen lassen, weil er mitteilen wollte „wie George Bush Entscheidungen trifft. Die große Neuigkeit ist, dass Amerika auf eine veränderte Weise Kriege führt und gewinnt – und das wird die Bewahrung des Friedens langfristig erleichtern.“ Das Buch, das seit Samstag in Auszügen in der Washington Post erscheint, weckt neue Zweifel an der bisher von der US-Administration dargebotenen Rechtfertigung dieses Krieges. Zusammen mit den Erkenntnissen der Nationalen Untersuchungskommission über die Terroranschläge des 11. September zeichnet es ein wesentlich kritischeres Bild der bisherigen Amtszeit von Präsident Bush, als sein Wahlkampfteam wohl gern hätte.
Schon im November 2001 habe Bush Rumsfeld angewiesen, eine militärischen Plan für den Feldzug gegen den Irak zu entwickeln. Außenminister Colin Powell, der Bush immer wieder vor diesem Krieg warnte, wurde hingegen erst sehr spät, im Januar 2003, von Bush über dessen Entscheidung, den Krieg tatsächlich zu führen, informiert. Erst in jenem Moment stellte sich Powell hinter den Präsidenten: „Ja, Sir, ich werde Sie unterstützen.“
Zuvor hatte er Bush zur Vorsicht geraten: Der Irak „werde ihm gehören“, er werde die gesamte Verantwortung für dessen Bevölkerung und deren Hoffnungen zu tragen haben – und auch für alle Probleme, die eine Invasion mit sich brächte. Es sei wie in einer Geschirrhandlung: Was man kaputtmache, müsse man bezahlen. Powell fühlte sich von Vizepräsident Cheney an die Wand gedrängt. Der habe mit seinen neokonservativen Gesinnungsgenossen im Pentagon eine Art Gegenregierung gebildet, die den Krieg vorantreibe.
Cheney war von der CIA dargelegt worden, dass Saddam Hussein nicht durch einen Militärcoup gestürzt werden könne. Denn die CIA habe unter den oppositionellen Kurden und Schiiten im Irak einen sehr schlechten Ruf, da diese mehrmals von den USA zu desaströsen Aktionen getrieben wurden. Außerdem habe der Geheimdienst weniger als eine Hand voll Spione im Irak.