: Furcht und Elend der PDS: die Linkspartei
Linke Abweichler-Initiativen wollen die SPD bedrängen. Stattdessen kommt die PDS ins Stottern. Schließlich wollte sie die linke Alternative zur SPD sein. Doch in den alten Bundesländern ist sie nie angekommen. Und im Osten steht sie sich selbst im Weg
VON DANIEL SCHULZ
Alle reden über die neue Linkspartei. Doch keiner über die alte: die PDS. Dabei müssten die Sozialisten davon profitieren, dass ihre Ziele diskutiert werden. Doch die zersplitterten Linkspartei-Initiativen stehlen den Demokratischen Sozialisten die Schau. Das liegt zunächst daran, dass die PDS selbst nicht weiß, wie sie mit den Linkspartei-Initiativen umgehen soll. Sie laviert zwischen Vor- und Zuversicht.
Zuversichtlich lobte Parteichef Lothar Bisky „die Bestrebungen für eine neue linke Politik.“ Und auch die Parlamentsabgeordnete Petra Pau sagt: „Die linke Bewegung ist eine Chance.“ Pau weiß, wie sehr die PDS diese Chance braucht. Zusammen mit Gesine Lötzsch sitzt sie für die PDS im Bundestag, die beiden werden von Politikern und Medien kaum beachtet. Daher ist die PDS „froh, wenn sie mit ihren Forderungen nicht allein dasteht“, wie Bisky sagt. Die kommunistische Theoretikerin Sahra Wagenknecht träumt gar von einer gemeinsamen Partei mit den unzufriedenen Linken.
Doch die wollen nicht. „Wir müssen neu anfangen“, sagt Joachim Bischoff vom Arbeitskreis Wahlalternative 2006 der taz. Bischoff arbeitet in Hamburg für den gewerkschaftsnahen VSA-Verlag und ist Mitglied der West-PDS. Von denen gibt es einige in der Wahlalternative und sie glauben längst nicht mehr, dass die PDS im Westen ankommt. Ähnlich sehen das die Führer der hauptsächlich aus bayrischen Gewerkschaftern bestehenden Initiative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (ASG). Als „Ostpartei“ kanzelte ASG-Mitgründer Thomas Händel die Sozialisten in einem Rundbrief ab.
Natürlich weiß das auch die PDS. Und der seiner eigenen Partei durchaus kritisch gegenüberstehende Parteichef Bisky gibt zu: „Wir konnten nicht so Fuß fassen, wie es nötig wäre.“ Zudem durchlebt die Sozialistenpartei seit einigen Jahren eine tiefe Krise. Vor allem die Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wird ihnen übel genommen. Bei 4 Prozent dümpelt die Partei bundesweit derzeit dahin – die Demokratischen Sozialisten müssen jede noch so kleine Konkurrenz fürchten. Parteichef Bisky mahnte, neue Linksparteien seien kontraproduktiv.
Produktiv will dagegen die PDS sein. Eine Strategierunde will bis zum Herbst ein Konzept zur Zukunft der Partei fertig haben. Mitglieder sind neben Bisky unter anderem die Wissenschaftler der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung Michael Brie und Dieter Klein. Klein sagt, die PDS müsse „wieder selbstbewusst mit ihrer Stärke im Osten Deutschlands auftreten“. Doch auch im traditionellen PDS-Stammland meinen die alternativen Linkspartei-Initiatoren wildern zu können. „Mal sehen, was wir im Osten erreichen“, sagt der Hamburger Volkswirt Axel Troost von der Wahlalternative 2006. Man wolle nicht gegen die PDS arbeiten, habe aber viele Interessenten im Osten. „Und das könnten noch mehr werden“, sagt Troost weiter.
Um keine Wähler zu verlieren, sprach der geschäftsführende Vorstand der PDS wieder einmal darüber, andere Gruppen stärker einzubinden. „Die PDS ist dort stark, wo sie sich öffnet“, sagt das Vorstandsmitglied Katja Kipping. Ähnlich wie die 25-jährige stellvertretende Parteivorsitzende aus Sachsen denken auch die Wissenschaftler in der Strategierunde. Interessengruppen könnten Einfluss in Parteigremien bekommen, sagt Klein. Beschlossen sei aber nichts. Viele Sozialisten wollen nicht, dass die PDS ein Zwitter aus Partei und Sammlungsbewegung wird. Parteichef Bisky steht zwischen den Öffnern und der Reine-Partei-Fraktion und umschreibt das Verhältnis von PDS und anderen Gruppen als „Partner im Protest“ gegen die Agenda 2010. Mehr nicht. Schon das Wort Bündnispartner wird vermieden.
Während die PDS mit sich ringt, haben Linkspartei-Initiatoren die bewegte Partei konkret vor Augen: Eine Bewegung mit angehängter Partei könne er sich vorstellen, sagt Bischoff. Eine Wegwerfpartei – nur gegründet, um aktuelle Forderungen der Bewegung ins Parlament zu bringen. Zweck erfüllt – Auflösung. Doch Bischoff gibt zu, dass „fast die Hälfte in der Initiative eine Partei alten Musters gründen will“.
Besonders die Intellektuellen in den Links-Initiativen glauben trotzdem, dass man den Mix aus Partei und Bewegung eher hinkriegt als die PDS. „Die Öffnung ist ein schönes Vorhaben“, spöttelt ein Mitbegründer der Wahlalternative, der auch im wissenschaftlichen Beirat von Attac sitzt. Und sagt weiter: „Aber die PDS wird nie die Kraft haben, das umzusetzen.“