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Archiv-Artikel

Wilhelmshaven wird kommen

Er ist der Herr der Häfen: Jürgen Holtermann, Chef der bremenports GmbH, sieht die bremischen Häfen bis zum Bersten gefüllt – und freut sich auf den Tiefwasserhafen am Jadebusen. Niemand, sagt er, wird dieses Projekt noch verhindern können

An den Zuwachsraten des Containerumschlages kann man die stürmische Entwicklung der Globalisierung ablesen. Alle Prognosen wurden in den letzten Jahren von der Realität übertroffen. Um die zunehmenden Kapazitäten konkurrenzfähig abwickeln zu können, baut das Land Bremen seine Terminals in Bremerhaven bis an die Grenze des Nationalparks Wattenmeer aus. Das alte Hafenamt wurde als „bremenports GmbH“ privatrechtlich neu organisiert, damit das Wachstum des Hafens außerhalb der Landesgrenze weiter gesteuert werden kann: Wilhelmshaven als Tiefwasser-Hafen steht auf dem Plan. Vor allem für den Umschlag der Container Richtung Russland soll das gemeinsame Projekt der Landesregierungen Bremens und Niedersachsens Kapazitäten schaffen – Hamburg sieht darin eher eine Konkurrenz. Die Umstrukturierung des Hafenamtes in eine GmbH wollen die Hamburger Politiker dagegen den Bremern nachmachen. Wir sprachen mit dem Geschäftsführer der bremenports, Jürgen Holtermann.

taz: Es ist so still geworden um den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Ist das Projekt sanft entschlafen?

Jürgen Holtermann: Nein, keineswegs. Die Antragsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren für den Jade-Weser-Port sind vor einigen Wochen bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion abgegeben worden. Das gesamte Verfahren soll in anderthalb Jahren abgeschlossen werden. Dann könnte man theoretisch mit dem Bau beginnen.

Muss man nicht die Investoren zusammenhaben, bevor solche Verfahren in Gang gesetzt werden?

Nein. Hier geht es erst einmal um die Herstellung der baurechtlichen Grundlagen. Erst im zweiten Schritt geht es dann um die Finanzierung der Suprastruktur, die von privaten Investoren getragen werden muss.

Der Bundesverkehrsminister hat erklärt, für ihn habe die Vertiefung von Weser und Elbe hohe Priorität. Muss man daraus im Umkehrschluss folgern, dass Stolpe kein Geld für Wilhelmshaven ausgeben will?

Grundsätzlich gilt: Der Bund gibt keine direkten Finanzierungshilfen für Hafeninfrastruktur-Investitionen. Bei Elbe und Weser handelt es sich um Bundeswasserstraßen, und das ist in Wilhelmshaven die Jade. Bundeswasserstraßen werden vom Bund unterhalten und ausgebaut.

Diejenigen, die den Jade-Weser-Port wollen, spekulieren nicht direkt oder indirekt auf Hilfen des Bundes?

So ist es. Hier geht es ausschließlich um die Finanzierung der seeseitigen Zufahrten der Häfen, die Ausbaggerungen, und das ist an allen Hafenstandorten Aufgabe des Bundes.

Der könnte nicht Nein sagen?

Er muss tätig werden, weil es sich um die Unterhaltung und den Ausbau einer Bundeswasserstraße handelt. Darüber hinaus kann er keine Investitionszusage für Hafeninfrastrukturprojekte machen, weil das rechtlich gar nicht möglich ist.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Volker Kröning hat den Eindruck erweckt, als könne es da im Rahmen der Verhandlungen um den Kanzlerbrief etwas geben?

Theoretisch besteht die Möglichkeit für den Bund, über Artikel 104 a 4 Grundgesetz den Ländern investive Mittel zukommen zu lassen.

Wer soll denn die 900 Millionen Euro finanzieren, die die vier neuen Liegeplätze kosten sollen?

Krananlagen, Gebäude, Container-Transportfahrzeuge und die gesamte Suprastruktur müssen privat finanziert werden; die Betreiber müssen da nach derzeitiger Planung 300 Millionen Euro investieren. Die Finanzierungszusage des Landes Niedersachsen für die Infrastruktur liegt vor. Bremen beteiligt sich – und dafür gibt es einen Senatsbeschluss – mit 90 Millionen Euro an der terminalbezogenen Infrastruktur. Die Terminals müssen ja nahe der Fahrrinne gebaut werden, das liegt heute einige hundert Meter weit vor dem Deich im Wasser.

Wann muss es klar sein, welche privaten Investoren verpflichtet werden?

Ich gehe davon aus, dass Niedersachsen gemeinsam mit Bremen in diesem Jahr die Ausschreibung der Betreiberlizenz vornimmt.

Und dann würde, wenn alles nach Plan geht, der Jade-Weser-Port fertig – kurz nachdem CT IV in Betrieb genommen ist?

Fakt ist, dass wir mit CT IV wesentlich weiter sind. Dort sollen die Arbeiten Mitte 2004 beginnen. In der zweiten Jahreshälfte 2006 wollen wir der Hafenwirtschaft bereits den ersten Liegeplatz von CT IV übergeben. Die Fertigstellung des Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven ist erst für 2009/2010 geplant.

Drei Jahre Differenz sind nicht viel. Die Umweltschützer sagen: Wieso kann auf CT IV nicht verzichtet werden, wenn der Jade-Weser-Port kommt?

So kann man die Diskussion nicht führen. Der stark wachsende Containermarkt erfordert den raschen Ausbau des Bremerhavener Terminals. Damit schaffen wir zahlreiche Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region und sichern den Reedereien die dringend benötigten Kapazitäten. CT IV wird sehr schnell ausgelastet sein, weil sich das Containeraufkommen in den nächsten zehn Jahren verdoppeln wird. CT V wiederum kann nicht in Bremerhaven gebaut werden, weil wir dort mit CT IV an die Grenze zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer stoßen. Wegen des massiven Mengenwachstums beim Containerverkehr brauchen wir Wilhelmshaven im nächsten Jahrzehnt aus Kapazitätsgründen.

Hamburg wird alles tun, um den Jade-Weser-Port zu verhindern. Können die das? Haben die politisch die Möglichkeiten?

Nein.

Gibt es sonst jemanden, der Wilhelmshaven verhindern kann?

Das sehe ich nicht.

Interview: K. Wolschner