: Drei Kracher für 2009Feiern bis zum Kater
Mehreren etablierten alternativen Projekten droht ab Donnerstag das Ende: Das Künstlerhaus Tacheles und der Mellowpark stehen dann ohne Mietvertrag da, dem Bethanien droht die RäumungStreitfall Tacheles: Dem Haus fehlen Mietvertrag und Konzept. Die Silvesterparty steigt trotzdem
Für das Tacheles wird 2009 das Jahr der Entscheidungen: Räumen oder bleiben, ist die Frage – und wenn bleiben, dann in welcher Form? Am Mittwoch läuft der Mietvertrag des selbst verwalteten Künstlerhauses aus. Für den Trägerverein heißt das erst einmal: feiern. „Wir sind mitten in den Vorbereitungen für eine große Silvesterparty, und den Schlüssel haben wir bisher nicht abgegeben“, sagte am Dienstag die Sprecherin vom Verein Tacheles, Linda Cerna.
Der Mietvertrag war auf zehn Jahre mit der Kölner Fundus-Gruppe ausgehandelt worden, dieser Zeitraum ist nun verstrichen. Seit März steht das Grundstück an der Oranienburger Straße zudem unter Zwangsverwaltung. Es ist jedoch unklar, ob die Immobilienfirma, der auch das Hotel Adlon am Brandenburger Tor gehört, wirklich pleite ist. Oder was es mit ihren Plänen auf sich hat, um die denkmalgeschützte Tacheles-Ruine herum ein Geschäfts- und Wohnviertel im Stil des New Urbanism hochzuziehen. Fundus-Sprecher Thomas Schingnitz ist im Urlaub. Keine Auskunft zum Fall Tacheles, sagte die Sekretärin. Laut Tacheles-Sprecherin Cerna verhandelt der Verein mit dem Zwangsverwalter. „Wir haben keinen neuen Mietvertrag unterschrieben, aber auch keine Räumungsaufforderung erhalten.“
Spannend dürfte auch werden, wie es intern mit dem Tacheles weitergeht. Der Verein, der das Haus seit 1990 trägt, will eine GmbH Tacheles gründen, ein Atelierprogramm und eine Stiftung auflegen. Finanziert werden soll das Ganze durch die Vermietung von Räumen, Erlöse aus Galeriebetrieb und Verlag sowie den Kneipen- und Konzertbetrieb im „Zapata“. Allerdings sind Vereinsvorstand, Mitglieder, Pächter wie das Kino High End oder das Café Zapata seit Jahren zerstritten. Und die Künstler, die im Haus zu günstigen Bedingungen arbeiten wollen, hängen dazwischen. KRISTINA PEZZEI
Verhandeln bis zuletzt
Streitfall Bethanien: Die Verträge mit den Besetzern sollen bis heute fertig sein. Danach sieht es nicht aus
Selbstverwaltung als Mieter oder Räumung? Eigentlich sollten bis Silvester Mietverträge zwischen den Nutzern des Südflügels im Bethanien und der Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE) im Auftrag des Bezirks abgeschlossen werden. Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadträtin Jutta Kalepky (parteilos) konnte am Dienstag jedoch nicht von einer Einigung berichten: „Wir haben dem Verhandlungspartner ein Angebot gemacht und warten weiter auf eine Antwort.“
Bleibt diese aus oder fällt sie für den Bezirk unbefriedigend aus, steht das ganze Projekt auf der Kippe. Gefragt, wie der Bezirk auf ein Scheitern der Mietverhandlungen reagieren würde, hatte Kalepky bei der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 17. Dezember geantwortet: „Dann werden wir unser Eigentum zurückfordern.“ Das zuletzt von der Initiative Zukunft Bethanien (IZB) vorgestellte Konzept zur Selbstverwaltung bewertete sie als „Einmischung in die vertrauensvollen Verhandlungen“.
Unaufgeregter sieht die IZB selbst die Situation: „Wir sind an einem Punkt gekommen, an dem sich im Grunde alle einig sind“, erklärte ein Sprecher. Am heutigen Mittwoch würden GSE und Bezirk ein Schreiben erhalten, das einen auf drei Monate begrenzten Vertrag vorschlage, der die anschließende Selbstverwaltungs-Lösung festschreibe. „Natürlich geschieht das alles auf den letzten Drücker. Aber wir haben einen langen Kampf hinter uns, da muss in den Verhandlungen Raum für bestimmte Bedürfnisse sein“, erklärte der IZB-Vertreter.
Der Kampf ist für die Besetzer allerdings noch nicht ganz vorbei. Sollten die Verhandlungen doch scheitern, sehen sich die „New Yorcker“ schon auf einer Stufe mit den linken Hausprojekten in der Linienstraße 206 und der Brunnenstraße 183 – die seien akut von der Räumung bedroht. Sebastian Puschner
Banges Warten auf den Vermieter
Streitfall Mellowpark: Die Entscheidung über das Jugendprojekt fällt wohl nächste Woche. Ein Ersatzstandort fehlt
Die Veranwortlichen und Nutzer des Mellowparks zittern weiter. Grund ist der zum 31. Dezember 2008 gekündigte Mietvertrag. Zwar versicherte eine Sprecherin des Grundstück-Eigentümers TLG Immobilien: „Es werden jetzt bestimmt keine Räumungsbagger anrollen.“ Doch die Bitte des Köpenicker Jugend- und Freizeitprojekts, ein weiteres Jahr in der Friedrichshagener Straße bleiben zu dürfen, wurde bislang nicht erhört. „Wir werden Anfang kommender Woche in aller Ruhe eine Entscheidung treffen“, hieß es bei der TLG. Um seine Bereitschaft zu unterstreichen, danach auf eine andere Fläche umzuziehen, hat der Mellowpark notariell zugesichert, Ende 2009 auf jeden Fall das Gelände zu verlassen (taz berichtete).
Seit zehn Jahren ist das Projekt auf dem Areal des ehemaligen Köpenicker Kabelwerks Zwischennutzer. Das Gelände hat sich zu einem Zentrum mit BMX-Park, Sportfeldern, Spielplatz und Jugendherberge entwickelt. Weil nahe des Mellowparks Wohnhäuser gebaut werden sollen, wurde dem Projekt von der TLG gekündigt.
Umziehen würde der Mellowpark gerne auf das Gelände der Paul-Zobel-Sportanlage, ebenfalls in Köpenick. Doch das Gelände wurde vom Liegenschaftsfonds verkauft. Letzte Hoffnung: Das Abgeordnetenhaus muss dem Verkauf zustimmen – und die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Treptow-Köpenick hat das Parlament aufgefordert, dies nicht zu tun.
Der SPD-Parlamentarier Karlheinz Nolte kritisiert das Verhalten der BVV: „Ich halte es für schwierig, dass sie beim Mellowpark Erwartungen auf ein Grundstück weckt, das dem Bezirk nicht mehr gehört.“ Er schlägt eine Alternativ-Fläche am Bahnhof Wuhlheide vor.
Die sei für Jugendarbeit ungeeignet, sagt Jens Werner, Geschäftsführer des Mellowpark-Trägers all eins. Drei Bahnstrecken umgeben das Gelände. „Mit den nötigen Zäunen und Lärmschutzwänden wäre es dort wie im Knast.“ An eine neue Heimat sei aber sowieso nur zu denken, wenn der Verbleib am jetzigen Standort vorerst gewährt werde – damit ordentlich geplant werden könne. Sebastian Puschner