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Archiv-Artikel

„Ich bin auch ein Rabbiner der Gemeinde“

Die Chabad-Bewegung ist Teil der Gemeinde, sagt ihr Rabbiner Yehuda Teichtal. Chabad ist in Berlin, um allen Gemeindemitgliedern die Schönheit des Judentums zu vermitteln. Nicht nur den russischen Einwanderern

taz: Rabbi Teichtal, gibt es in Berlin einen besonderen Bedarf an jüdischer Bildung?

Yehuda Teichtal: Die meisten Gemeindemitglieder kommen aus den GUS-Staaten, wo die Menschen keine Möglichkeit hatten, etwas über ihre Tradition zu lernen. Wir wollen den Leuten die Schönheit ihrer Religion zeigen. Deswegen hat Bildung hier eine noch größere Bedeutung.

War die Zuwanderungswelle russischer Juden ein Grund für Chabad, nach Berlin zu kommen?

Der Rebbe hat schon 1989 gesagt, dass jemand nach Berlin gehen soll. Wir sind nicht hier, um den Menschen zu sagen, dass sie sich an die Tradition halten sollen. Die Menschen müssen selber wählen. Wir sind aber nicht nur hier für die Einwanderer, sondern für alle.

Die Bedeutung von Chabad in der Gemeinde nimmt zu. Die Besuche in Gefängnissen würden ohne Chabad vielleicht gar nicht stattfinden.

Der Weg zu Gott führt nicht nur durch die Synagoge, sondern auch über gute Taten. Wenn wir eine Zukunft für das jüdische Leben in Berlin wollen, müssen wir dafür sorgen, dass die Gemeindemitglieder mitmachen. Die meisten wissen wenig über unsere Tradition. Wir müssen sie wieder interessant machen.

Bringt Chabad also neues Leben in die Gemeinde?

Das kann ich nicht sagen. Aber wir haben ein sehr gutes Verhältnis zum Gemeindevorstand. Die Zusammenarbeit mit dem Vorsitzenden Albert Meyer ist fantastisch, er hilft uns.

Meyer hat betont, dass das Jüdische Bildungszentrum, das Chabad in Berlin baut, im Rahmen der Einheitsgemeinde geführt werden soll. Wie sieht diese Einbindung aus?

Ganz einfach: Ich bin auch ein Rabbiner der Gemeinde. Ich bin nicht von außerhalb, sondern von innen. Die Gemeinde vertritt alle jüdischen Menschen in dieser Stadt. Und innerhalb dieses Rahmens sind wir hier, um jüdisches Wissen zu verbreiten, um eine jüdische Zukunft zu sichern.

Wird die Gemeinde im Direktorium vertreten sein?

Wir stehen in engem Kontakt mit dem Vorstand. Das Wichtigste: Die Angebote des Bildungszentrums sind für die ganze Gemeinde. Wir sind ja nicht zwei getrennte Organisationen.

Erleben Sie Akzeptanzprobleme seitens der Gemeinde?

Manchmal wissen Leute nicht, was Chabad ist. Wenn sie erfahren, was wir machen, haben sie einen positiven Zugang.

Ist es eine Beleidigung, wenn eine Frau Ihnen als Orthodoxem die Hand geben will?

Im Gegenteil, nach jüdischer Tradition haben Frauen viel höhere Seelen als Männer. Dass es Begrenzungen zwischen Männern und Frauen gibt, hat nur etwas mit den Männern zu tun, weil sie schwächer sind. In der Synagoge können die Frauen die Männer sehen, aber die Männer nicht die Frauen. Der wichtigste Ort des jüdischen Lebens ist das Zuhause, und das ist der Ort der Frau.

Beim diesjährigen Purimfest wurden Männer und Frauen beim Tanzen durch eine Wand getrennt.

Das war nur kurz, am Anfang. Wir legen viel Wert auf die Familie. Unsere Tradition sagt, Männer und Frauen können Freunde sein. Auch die Attraktion zwischen Männern und Frauen ist eine gute Sache. Aber Menschen sind schwach. Man muss die Grenzen der Familie respektieren.

Vielleicht ein Beispiel: Sollten Mädchen gemeinsamen Schwimmunterricht mit Jungen haben?

Wir sind nicht hier, um andere Menschen zu ändern. Wir wollen den Menschen die Schöhnheit des Judentums zeigen. Meine Frau und ich versuchen, unseren Kindern ein positive Erziehung zu geben. Wir haben zum Beispiel keinen Fernseher.

INTERVIEW: WIBKE BERGEMANN