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Archiv-Artikel

Wehrpflicht gehört verboten

21-Jähriger klagt erfolgreich gegen seine Einberufung. Kölner Verwaltungsgericht sieht Wehrgerechtigkeit nicht mehr gegeben. Grünen-Chefin Beer begrüßt Urteil. Zustimmung bei SPD

BERLIN taz ■ Die Einberufungspraxis der Bundeswehr verstößt gegen die Verfassung. Dies hat das Kölner Verwaltungsgericht gestern entschieden. Es gab der Klage des 21-jährigen Bonner Studenten Christian Pohlmann gegen seine Einberufung statt. Dabei befanden die Richter, dass die Einberufungspraxis der Bundeswehr generell „rechtswidrig, weil willkürlich“ sei. Da mittlerweile weniger als die Hälfte der in Frage kommenden jungen Männer tatsächlich zum Wehrdienst herangezogen würden, sei „der Grundsatz der Wehrgerechtigkeit verletzt“. Somit verstoße die seit Juli 2003 geltende Praxis gegen das Willkürverbot des Grundgesetzes.

Das Kölner Urteil hat erwartungsgemäß die Debatte über die Abschaffung der Wehrpflicht neu entfacht. „Wir begrüßen das Urteil“, sagte die grüne Parteichefin Angelika Beer zur taz. „Es unterstreicht unsere Position: Jede Einberufung zur Bundeswehr ist unter den gegebenen Umständen eine Willkürmaßnahme, die von der Verfassung nicht mehr gedeckt ist.“ Beer forderte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) auf, nicht auf eine Revision des Kölner Urteils zu hoffen, sondern endlich ein Konzept zur Abschaffung der Wehrpflicht vorzulegen.

Genau das wird das Verteidigungsministerium wohl nicht tun. Es spielt die Bedeutung des Urteils herunter. „Das Kölner Verwaltungsgericht ist eines von hundert“, sagte ein Sprecher. Andere Gerichte hätten anders lautende Urteile gefällt. Nach genauer Prüfung der schriftlichen Urteilsbegründung werde das Ministerium über eine mögliche Revision entscheiden. Auswirkungen auf die Einberufungspraxis habe das Kölner Urteil nicht. Das für den Zivildienst zuständige Bundesfamilienministerium wollte das Urteil, das auch für die Einberufung von Kriegsdienstverweigerern gilt, inhaltlich nicht kommentieren.

Für die Grünen jedoch wird der Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz mit der geplanten Verkleinerung der Bundeswehr nur noch größer. „Die Wehrpflicht ist ein Auslaufmodell – und damit auch der unmittelbar mit ihr verknüpfte Zivildienst“, meinte Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion. Vom „Anfang vom Ende der Wehrpflicht“ sprach Winfried Nachtwei, verteidigungspolitischer Sprecher der grünen Fraktion, gegenüber der taz. Auch die FDP forderte die Abschaffung der Wehrpflicht. „Das Urteil ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung“, sagte FDP-Verteidigungsexperte Günther Nolting zur taz. Die Wehrpflicht-Kritiker in der SPD – etwa ein Drittel der Partei – fühlen sich ebenfalls bestätigt. „Die Wehrpflicht ist unzeitgemäß“, sagte Heiko Maas, Chef der saarländischen SPD. Sie schaffe Ungerechtigkeit und werde den Erfordernissen der Bundeswehr nicht mehr gerecht. „Die Wehrpflicht wird nicht auf juristischem Wege abgeschafft werden“, sagte hingegen der SPD-Sicherheitspolitiker Hans-Peter Bartels der taz. Die Wehrpflicht müsse lediglich weiterentwickelt werden und die Einberufungskriterien müssten sich ändern. Das fordern auch CDU und CSU. PAB, J. K., DAS

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