der kommentar : Mehr Bürokratie wagen!
Wirtschaftsminister Clement will in Deutschland die Bürokratie abbauen. Das ist sehr populär. Aber ganz falsch.
Shopping rund um die Uhr! So will Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (immer noch SPD) unser Land nach vorn bringen. Vielleicht ist das ja sinnvoll. Aber der große Anspruch, die Bürokratie abzubauen, geht völlig fehl. Zwar würden wir uns wünschen, die Meldebehörde nicht nur am ersten Dienstag im Monat zwischen 9.17 Uhr und 10.03 Uhr (aber nur bei Vollmond) geöffnet zu sehen. Aber ansonsten brauchen wir nicht weniger Kontrollen, sondern mehr.
Warum zum Beispiel normiert niemand die Höhe der Stoßstangen am Auto, damit nicht jeder kleine Bumser 723 Euro kostet? Wer sichert mir zu, dass mein Kind in der Schule etwas lernt? Wieso dürfen die Hersteller von T-Shirts und Turnschuhen freihändig mit den Konfektionsgrößen hantieren?
Deliberalisierung ist angesagt: Börsennotierte Unternehmen könnten verpflichtet werden, die Gehälter der Manager öffentlich zu machen. Asylverfahren müssten mit mehr Personal und ohne Zeitdruck betrieben werden. Ärzte sollten auch dem Kunden gegenüber ihre Leistungen begründen und abrechnen. Den Autokonzernen kann man einen Grenzwert für den Ausstoß von Schadstoffen vorschreiben. Natürlich will auch eine Steuer auf Devisenspekulationen und Flugbenzin überwacht und eingezogen sein. Und wer überprüft, ob in der Margarine Gensoja ist? Aufgaben gibt es genug für den vollschlanken Staat.
BERNHARD PÖTTER